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Dürre-Sommer
Lösungsansätze für künftige Wasserkrisen

Niedrigwasser, Dürre und Wasserentnahmeverbote - die Folgen des trockenen Sommers waren für Privathaushalte, Industrie und Ökosysteme spürbar. Doch es gibt Lösungsansätze, um unsere Wasserversorgung widerstandsfähiger zu machen.

Von Maximilian Brose | 23.09.2022
Den Anblick des Rheins bei Emmerich (Nordrhein-Westfalen) dominiert im August 2022 das extreme Niedrigwasser.
Niedrigwasser im Rhein bei Emmerich im August 2022. (picture alliance / Jochen Tack)
Noch sind die Grundwasserspiegel in vielen Teilen Deutschlands niedrig. Spätestens im Winter dürfte sich das Grundwasser zwar wieder teilweise auffüllen. Doch Klimaprojektionen zeigen das heiße und trockene Sommer in den nächsten Jahrzehnten häufiger werden.
Die Trockenheit wird also wohl weiterhin für Ökosysteme, Landwirtschaft und industrielle Prozesse Probleme bereiten. All das hängt vom Grund- und Oberflächenwasser ab - ebenso wie unser Trinkwasser.

Weniger Flächen versiegeln

Deshalb muss unsere Wasserversorgung widerstandsfähiger werden. Zum Beispiel, indem in Städten weniger Flächen versiegelt werden. Hier liege im Zuge der Urbanisierung ein großes Potenzial, sagt Mariele Evers, Professorin für Wasserressourcenmanagement an der Universität Bonn. Derzeit würden täglich 54 Hektar versiegelt werden, sagt Evers. Die Bundesregierung wolle diesen Wert auf 30 Hektar senken, so die Wasserforscherin: "Wir können aber auch in den Bereichen, die schon bebaut sind, eine Entsiegelung vorantreiben." Auch indem man etwa Dächer oder Fassaden begrüne.

Gereinigtes Abwasser recyceln

Außerdem schlummerten ungenutzte Wasserressourcen im aufbereiteten Wasser aus Kläranlagen. Das fließt in Deutschland bislang in die Flüsse. In anderen Ländern dagegen wird es genutzt - als Trinkwasser, oder in der Landwirtschaft, erklärt Evers: "Aber ich sehe für Deutschland das größte Potenzial tatsächlich in der industriellen Fertigung, in der industriellen Produktion, hier das gereinigte Abwasser wiederzuverwerten." So könnte die Industrie beispielsweise weniger Grundwasser entnehmen, das dann für die Versorgung mit Trinkwasser genutzt werden könne.

Zisternen im industriellen Maßstab

Weiterhin müsse in heißen Sommern mehr Wasser gespart werden, und zwar nicht nur in Privathaushalten, sondern auch im Industriesektor. Hier könnten Industriebetriebe noch mehr tun, sagt André Niemann. Der Professor für Wasserbau an der Universität Duisburg-Essen kennt dafür auch einen möglichen Weg: "Man kann seinen eigenen Wasserbedarf zum Beispiel durch Regenwassernutzung optimieren. Zisternen sind im industriellen Maßstab auf den großen Industrieflächen mit den großen Hallen durchaus tatsächlich ein Thema."

Flexible Wasserpreise und Vernetzung der Wasserversorgung

Die Digitalisierung biete zudem die Möglichkeit, den Wasserverbrauch in einzelnen Regionen gezielt zu überwachen. Und damit auch die Wasserpreise an die Wasserverfügbarkeit in einer Region anzupassen. Allerdings gibt es ein Problem in Deutschland.
Die Wasserversorgung sei noch sehr dezentral, kritisiert André Niemann: "Das heißt, wir haben über 7000 Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland, die oft aus vielen kleinen Gemeinden kommen, die dann auch die kleinen Gemeinden versorgen, die aber nicht angeschlossen sind in einem größeren Verbund untereinander."
Das begünstige Wasserknappheiten bei einzelnen Versorgern, denn die Wasserressourcen unterscheiden sich je nach Region in Deutschland stark. Wasserversorger stärker zu vernetzen, sei ein Ansatz in der nationalen Wasserstrategie, sagt André Niemann. Etwa über Wasserfernleitungen.

Lösungsansätze müssen alle Gruppen berücksichtigen

Ein Beispiel dafür ist die Rappbodetalsperre im Harz. Sie versorgt seit Kurzem die knapp 100 Kilometer entfernte Stadt Halle sowie seit 2018 den näher gelegenen Landkreis Mansfeld-Südharz, in dem früher Uran abgebaut wurde, mit Trinkwasser. Die Auswirkungen dieser Wasserfernversorgung auf den Landkreis untersucht Fanny Frick-Trzebitzky vom Institut für sozial-ökologische Forschung.
Sie betont, dass die Fernwasserversorgung zwar die Wasserqualität gesteigert und die Versorgung sicherer gestaltet habe, aber: "Auf der anderen Seite ist das Wasser teurer. Das sind so ein bisschen die Vor- und Nachteile, die wir in der Gegenwart sehen. Und noch hier breiter ist das Spektrum, wenn wir an die Zukunft denken."
Daher entwickelt das Forschungsteam Szenarien unter anderem zusammen mit den lokalen Wassernutzern und Versorgern. Von der Wasserversorgung sind viele verschiedene Gruppen abhängig. Deshalb braucht es laut den Forschenden nicht nur im Harz, sondern deutschlandweit gemeinsame Lösungen, um künftigen Wasserkrisen entgegenzuwirken.