Loblied auf die afrikanischen Frauen

03.08.2011
Am Ufer des Flusses in einem frankofonen afrikanischen Land klopfen zehn Frauen Felsbrocken zu Schotter, um damit ihren kärglichen Lebensunterhalt zu verdienen. Als sie erfahren, dass wegen des Baues eines neuen Flughafens das Material knapp wird und die Preise steigen, wollen auch sie davon profitieren und verlangen das Doppelte. Die Händler weigern sich nicht nur, mit ihnen zu verhandeln, sondern schicken die Polizei, die die Frauen brutal niederknüppelt und eine von ihnen lebensgefährlich verletzt.
Doch die Frauen geben nicht auf. Sie schließen sich zusammen, wählen eine Sprecherin und verhandeln sogar mit Ministern. Aus einer einfachen Forderung nach mehr Geld wird ein politischer Kampf, in dem es um die Anerkennung der Rechte und Würde der Steineklopferinnen geht.

Emmanuel Dongala, der in Zentralafrika geboren und in Kongo Brazzaville aufgewachsen ist, lässt den genauen geografischen Spielort seiner Geschichte offen. Er nutzt den Kampf der Steinklopferinnen, um die soziale Lage vieler afrikanischer Frauen zu schildern.

In der Zehnergruppe gibt es Analphabetinnen, Flüchtlinge, Frauen die früher wohlhabend und angesehen waren, aber als Witwen von den Familien ihres Mannes verstoßen und beraubt wurden. Aids, Vergewaltigungen durch marodierende Soldaten und der Makel der Kinderlosigkeit, aber auch die Korruption durch Politiker und das Verhaftet Sein in alten traditionellen Vorstellungen des Ahnen- und Hexenwesens zeigen die dunkle Seite, die das Leben der Frauen bestimmt.

Doch der Autor erzählt auch von Solidarität, dem Mut der Frauen und den Chancen durch Bildung und Engagement die Lebensbedingungen zu verändern. Durch diese vielfältigen Facetten gelingt es Emmanuel Dongala, ein sehr detailliertes Bild der Lebensbedingungen afrikanischer Frauen zu zeichnen, ohne sich in Stereotypen zu verlieren.

Der Autor spricht von seiner Protagonistin in der Du-Form. Dadurch wird eine künstliche Nähe zum Leser hergestellt, die anfangs etwas verwirrend wirkt. Doch damit gelingt es dem Autor, auch die schrecklichen Ereignisse sehr präsent und nachvollziehbar zu erzählen. Dass die Jungen als Buben bezeichnet werden, dürfte auf die Dialektfärbung der Übersetzung zurückzuführen sein, eine kleine Irritation, die aber vor dem Spannungsbogen der Geschichte schnell in den Hintergrund rückt.

Man merkt Emmanuel Dongala, der seit über zehn Jahren in den USA lebt, die Liebe zu seiner afrikanischen Heimat deutlich an. Daneben ist sein Roman ein eindeutiges Plädoyer für Engagement und Mut gegen Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Korruption ohne moralischen Zeigefinger.

Besprochen von Birgit Koß


Emmanuel Dongala: Gruppenfoto am Ufer des Flusses
Aus dem Französischen von Giò Waeckerlin-Induni
Peter Hammer Verlag Wuppertal, 2011
339 Seiten, 22,00 Euro