Live vom 34. Chaos Communication Congress

Das Raumschiff ist gelandet

53:43 Minuten
Blick in die Glashalle der Messe in Leipzig (Sachsen) während des 34. Chaos Communication Congress (34c3)
Eine Rakete begrüßt die Besucher des "34c3" in der Leipziger Messe. © Sebastian Willnow / dpa
30.12.2017
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Von Mittwoch bis Samstag läuft in Leipzig der größte Hackerkongress Europas. Wir sind live dabei, sprechen über Social Bots, die Rolle der Medien beim Wahlerfolg der AfD und Afrofuturismus. Außerdem wissen wir nun, was man braucht, um ein Schloss zu knacken.
Rund 15.000 Teilnehmer, vier große Hallen für Vorträge und Diskussionen, unzählige kleinere Veranstaltungen und ein riesiger Raum voll mit Technik, Politik, Kunst, Spielen und Dingen zum Selbermachen: der 34. Chaos Communication Congress ist ein ganzes Universum rund um die Themen IT-Sicherheit, Wissenschaft, Kultur, Netzpolitik, Gesellschaft, Hardware und Making sowie Protest.
"tuwat!" lautet das Motto in diesem Jahr. Es nimmt Bezug auf einen der Gründer des CCC, Wau Holland, der 1981 zu einem »Neustart der Gesellschaft« aufgerufen hatte. Der diesjährige Kongress begann am Mittwoch mit einem Gedenkmoment für Holland.
"Der Kongress ist Utopie"
"Auch heute herrscht gehobener Revolutionsbedarf, erst recht in Sachsen. Die Täler müssen mit Ahnung geflutet werden", erklärte CCC-Mitglied Tim Pritlove in seiner Eröffnungsrede. "Der Kongress ist Utopie. Zeigen wir, dass wir unserer Zeit voraus sind, zeigen wir was kaputt ist, technologisch und gesellschaftlich, auch wenn die anderen sich verheddern."
Der größte Hackerkongress Europas findet in diesem Jahr zum ersten Mal in Leipzig statt und war schon Wochen vorher ausverkauft. Natürlich war auch das Breitband-Team vor Ort und "hatgetan".
Wir haben gefragt, was die Jugend auf dem 34c3 macht, einen Workshop im Schlösserknacken besucht und uns mit Social Bots, Afro-Futurismus und der Frage nach der "Schuld" der Medien am Erfolg der AfD beschäftigt. Zwischendurch haben wir uns auch einfach mal treiben lassen, Kunst geguckt und an einer Chorprobe teilgenommen.
Therapiestunde mit einem Datenjournalisten
Vor gut einem Jahr war die Sorge groß, die Bundestagswahl könnte durch Bots im Netz oder die gezielte Verbreitung von Falschnachrichten beeinflusst werden. Heute sagt der Datenjournalist Michael Kreil: Solche aktiven und manipulativen Social Bots gibt es beispielsweise auf Twitter gar nicht. Hinter besonders aktiven Twitter-Accounts stünden fast immer politisch aktive Bürger, Hashtag-Spammer, Medien und Journalisten und nur einige simple Bots.
Der Datenjournalist Michael Kreil hat ein Jahr lang 4500 Bots, Millionen von Twitter-Accounts, Tweets und Onlineartikel gesammelt und ausgewertet. Wir haben mit ihm über seine Ergebnisse gesprochen.

Zum Video-Stream des Vortrags von Michael Kreil.

Mit dem Finger auf die Medien
Wenn nicht die Bots die Wahl beeinflusst haben, wer dann? Die Medien vielleicht? Tragen die Medien eine "Mitschuld" am Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl? Diese Frage stellt Alexander Beyer von der Simon-Fraser-Universität in Vancouver. Er und sein Team haben Mithilfe von Web-Scraping und automatisierter Inhaltsanalyse mehr als 10.000 Artikel aus Online-Nachrichtenplattformen und rechtsextremen Blogs sowie über 90 Gigabyte Tweets und Tausende von Facebook-Posts untersucht.
Hat die populistische Rhetorik der AfD ihr zu mehr Aufmerksamkeit in den Medien verholfen? Wie aktiv war die AfD in den sozialen Netzwerken und was hat es gebracht? Wie interagieren politische Eliten mit der Öffentlichkeit über alte und neue Medien? Darüber sprechen wir mit Alexander Beyer.
Black to the Future
Die Sicht auf die Welt ist "weiß". Zu oft dominiert bei den historischen Zuschreibungen immer noch der westliche, weiße Blick – Eurozentrismus genannt. Diese Diskriminierung von Afro-Amerikanern ließ eine popkulturelle Strömung entstehen, die erst in den 90er-Jahren ihren Namen erhielt: der Afrofuturismus. In Musik, Literatur und Comics entwickeln hier Künstler utopische Welten.
Inzwischen ist die Kunstbewegung auch im Mainstream angekommen. Musiker wie Kanye West oder Janelle Monáe spielen mit utopischen Ästhetiken. In Dortmund läuft noch bis Ende April die Ausstellung "Afro-Tech". Dort werden Erfindungen aus der afrikanischen Maker-Szene, wie druckbare Handprothesen oder Server, die Stromausfälle überbrücken können, dem spekulativen Narrativen des Afrofuturismus gegenübergestellt. Wir sprechen mit der Kuratorin der Ausstellung, Inke Arns.
Netzmusik-Playlist:
Das Team:
Moderation: Vera Linß und Marcus Richter
Redaktion: Jochen Dreier und Jana Wuttke
Webredaktion: Nora Gohlke
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