Liu Xias verzweifelter Brief

"Ich liege da wie eine Leiche"

Eine Demonstrantin in China hält ein Bild von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo und seiner Frau Lia Xia hoch (Archivbild aus dem Jahr 2010).
Eine Demonstrantin in China hält ein Bild von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo und seiner Frau Lia Xia hoch (Archivbild aus dem Jahr 2010). © dpa / EPA
Regula Venske im Gespräch mit Moderatorin Elena Gorgis · 15.12.2017
Der Schriftstellerin Liu Xia, Witwe des verstorbenen chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, geht es in ihrem Hausarrest offenbar sehr schlecht. Der im Berliner Exil lebende Autor Liao Yiwu hat ein Foto ihres Briefs an Herta Müller auf Facebook gepostet.
Der Brief ist in Gedichtform verfasst. Regula Venske, Präsidentin des PEN-Zentrums Deutschland, hat ihn Ende November erhalten. Er sei "ein erschütterndes Dokument" der Einsamkeit, und der Angst verrückt zu werden, so Venske. Darin beklage Liu Xia, dass sie Selbstgespräche führen müsse, weil sie kein Recht habe zu sprechen. "Ich lebe wie ein Pflanze, ich liege da wie Leiche", heiße es darin weiter.

Willkürlicher Hausarrest ohne Prozess

Liu stehe seit 2010 unter Hausarrest, seit ihrem verstorbenen Ehemann Liu Xiaobo der Friedensnobelpreis verliehen wurde, und das ohne dass es einen Prozess gegen sie gegeben hätte, so Venske. Die genauen Umstände des Hausarrests kenne sie nicht, aber man bekomme den Eindruck, dass die Bedingungen schwieriger seien als im Gefängnis, denn im Gefängnis gebe es eine gewisse Regelmäßigkeit und es gebe Kontakte, während der Hausarrest "eine völlige Isolation bedeutet, eine völlige Willkür".
"Dass dieses Regime diese zarte, kranke Frau nicht ausreisen lässt (...) ist völlig unverständlich", so Venske weiter.

Seelenverwandtschaft zwischen Liu Xia und Herta Müller

Sie sei einmal in Karlsruhe bei einer Veranstaltung dabei gewesen, bei der Herta Müller ihre eigenen Nachdichtungen von Liu Xias Gedichten vortrug. Eine Art "Seelenverwandtschaft" beider Frauen, die sie dort glaubte zu spüren, sei wohl der Grund dafür, dass Liu Xia diesen Brief an Herta Müller verfasst habe, auch wenn sie davon ausgeht, dass die beiden Frauen sich nicht persönlich begegnet sind.
Venske findet es wichtig, dass "unsere Regierungen nicht locker lassen (...) und jede Möglichkeit des diplomatischen Weges beschreiten" um eine Ausreise Liu Xias zu erreichen. Die Hoffnung sei auf jeden Fall da, "dass das irgendwann einmal etwas bewirkt", meint Venske.
Mehr zum Thema