Literaturbetrieb

"Man kann gut Bücher besprechen, die man nicht gelesen hat"

Menschen stehen vor einem Büchertisch auf der Frankfurter Buchmesse
Nicht jeder Kommentar über ein Buch basiert auf realem Wissen. © imago stock&people
Thomas Klupp im Gespräch mit Dieter Kassel  · 10.10.2018
Im Literaturbetrieb scheinen manche vor Belesenheit nur so zu strahlen, besonders wenn gerade Frankfurter Buchmesse ist. Viel davon ist allerdings nur vorgetäuscht, sagt Romanautor Thomas Klupp. "Wenn sie's gut machen, merkt man es nicht."
Was wissen sie nicht alles über die Bücher - die Kritiker, Verleger, Journalisten und selbst ernannten Literaturkenner! Wer sich jetzt klein und unbelesen fühlt, darf sich getrost entspannen, denn oft ist die scheinbare Kenntnis nur Fake. Das zumindest meint der Romanautor Thomas Klupp, der sich mit dem Thema Unaufrichtigkeit und Lüge im Literaturbetrieb beschäftigt hat.
"Das ist Standard im Literaturbetrieb als auch im universitären Betrieb, wo ich auch lehre", sagt Klupp im Deutschlandfunk Kultur. "Da kommt man nicht drumherum." Und bei vielen klappt das offenbar auch: "Wenn sie's gut machen, die anderen, merkt man es nicht. Da gibt's dann doch so ein paar Tricks und Kleinigkeiten, die unter dem Radar durchgehen. Ich glaube schon, man kann ganz gut Bücher besprechen, die man nicht unbedingt selbst gelesen hat."

Explodierende Superlative

Im Vergleich zur Filmbranche oder zum Kunstmarkt sei der Literaturmarkt zwar noch ein "relativ bodenständiger Betrieb". Da gehe es auch um harte Zahlen wie Lizenzverkäufe, wo sich gar nicht viel faken lasse. Im Vorfeld von Buchveröffentlichungen allerdings, "da explodieren die Superlative und da wird mit großen Illusionsmaschinerien gearbeitet." In dem Moment, wo das Buch erscheine, werde das Bild dann allerdings schnell "ziemlich realistisch".
Auch Schriftsteller müssten heutzutage mehr "Image-Styling" betreiben, so der Autor. Dennoch setze sich gute Literatur immer noch durch, "selbst wenn der Autor weit hinter dem Werk zurückbleibt - wobei das natürlich auch eine Inszenierungsstrategie sein kann." Das Raunen auf den Veranstaltungen oder Parties einer Messe sollte man laut Klupp allerdings mit Vorsicht genießen: "Das sind ganz selbstverständliche Techniken der Beschönigung."
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