Literatur aus der Konsole

Von Christian Schiffer · 07.04.2013
Nächster Level, nächstes Kapitel: Aktuelle Computerspiele setzen auf komplexe Handlungen und interaktives Storytelling. Warum heute nicht nur Programmierer, sondern auch Drehbuchschreiber für Computerspiele gebraucht werden.
Computerspiele werden mittlerweile so aufwändig produziert wie Hollywood-Filme: Massenkompatible Spiele wie "Grand Theft Auto V" werden über Jahre hinweg entwickelt und verschlingen Millionen Dollar an Kosten.

Hunderte von Menschen aus ganz unterschiedlichen künstlerischen Bereichen arbeiten gemeinsam an solchen Produktionen. Immer wichtiger werden dabei in letzter Zeit die Drehbuchschreiber, die komplexe, zum Teil ausgesprochen raffiniert gemachte Plots für Spiele wie "Assasins Creed", "Mass Effect" oder "Deus Ex" entwerfen.

So scheint mit dem Siegeszug der Computerspiele der postmoderne Traum vom interaktiven Erzählen doch noch Wirklichkeit zu werden: Die Handlungsfäden passen sich "live" den Aktionen der Spieler an, Algorithmen schreiben in Sekundenbruchteilen die Dialoge der Figuren um und entwerfen die Szenerie des Spiels immer wieder neu.

Computerspiele sind eine Form des digitalen "Storytelling", und auf diesem Weg entsteht eine neue und zugleich traditionsbewusste Form von Literatur. Im gefeierten Independent-Game "Dear Esther" zum Beispiel müssen die Spieler sich wie in einem verschachtelten Roman aus der Zeit der Romantik durch fiktionalisierte Briefe und Tagebucheinträge wühlen, um zur eigentlichen Geschichte vorzustoßen: Literatur ist immer auch ‒ ein Spiel.

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