In dem Roman "Muttermale" des niederländischen Schriftstellers Arnon Grünberg verstößt der Psychiater Otto Kadoke aus Not gegen alle Regeln und sucht den Ausweg aus seiner Lage in einer verzweifelten Improvisation.

Kadoke arbeitet schon lange bei einem ambulanten Notfalldienst und kennt sein Handwerk. Dennoch überschreitet er die klare Linie der Distanz, lässt sich von einer Patientin, die sich ständig selbst verletzt, in ein Gespräch verstricken und gerät dadurch in eine besondere Art von Verantwortung für sie.

Aber auch privat ist Kadokes geregeltes Leben zusammengebrochen. Durch einen Ausbruch von Verliebtheit hat er die Betreuerin seiner pflegebedürftigen Mutter vertrieben, notgedrungen selbst die Pflege-Verantwortung übernommen und ist bei ihr eingezogen. Und seine Mutter ist sehr speziell.

Man kann Kadokes eigene Lebenssituation nur als wenig glücklich bezeichnen. Zwar gelingt ihm die meiste Zeit die Selbstsuggestion, dass er außer seinem Beruf nichts im Leben braucht, aber eigentlich steht er vor großen privaten Leerstellen.

In dieser Lage engagiert Kadoke die selbstmordgefährdete Patientin als Pflegerin seiner Mutter und nimmt sie als drittes Mitglied in ihre Wohngemeinschaft auf. Wenn dieses Experiment misslingt, muss er sich als Psychiater die Karten legen – und als Sohn vielleicht auch.

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