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Naturschutz
Auto-Rallye mit hohen Umweltauflagen

Das Saarland erwartet an diesem Wochenende 200.000 Rallye-Fans zur ADAC-Rallye. Einzelne Wertungsprüfungen des Autorennens führen quer durch Vogel- und Landschaftsschutz-Gebiete. Umweltschützer vor Ort halten sich mit Kritik noch zurück, wollen aber die Einhaltung von Auflagen überwachen.

Von Tonia Koch | 17.08.2017
    Der deutsche Rallye-Pilot Peter Corozza in Aktion im Mitsubishi Lancer Evo bei der Saarland-Rallye am 13.09.2008 bei Merzig.
    Mit dem PS-Boliden durchs Naturschutzgebiet? (picture alliance / dpa / Michael Walter)
    Die hochmotorisierten Fahrzeuge winden sich um enge Spitzkehren in den Weinbergen an der Mosel oder rasen über schmale Sträßchen im Illtal, einem Naturschutzgroßvorhaben. Aber die Rennautos seien im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit der Motorsportveranstaltung nicht das Problem, sagt ADAC-Organisationsleiter Günter Jung:
    "Die größere Herausforderungen sind die Flächen, die wir benötigen. Um die Fahrzeuge zu parken, sind die Flächen, in denen die Zuschauer stehen, diese Flächen sind explizit ausgesucht worden. Die angrenzenden, wenn vorhandenen Schutzflächen, werden weiträumig abgesichert. Zwiebelsäcke, also Absperrmaterialien, verhindern, dass die Zuschauer dort hinein laufen können. Wir haben viele Sportwarte, die aufpassen, dass die Zuschauer dort nicht hinein laufen und an besonders kritischen Stellen haben wir Eingreifgruppen, die dafür sorgen, wenn einmal etwas passiert, dass schnellstmöglich geholfen werden kann."
    Gutachten über "vertretbare" Eingriffe in den Naturschutz
    Über Wochen hat der ADAC über die Streckenführung mit der Landesregierung und den Umweltverbänden, BUND, NABU und dem Saarwaldverein verhandelt, und nicht alle Wünsche wurden erfüllt, erläutert der saarländische Umweltminister Reinhold Jost.
    "Es gab eine Reihe von Auflagen und es hat auch an der ein oder anderen Stelle Hinweise mit der Bitte auf Streckenveränderung gegeben. Der ist auch gefolgt worden. Wir haben ein Verfahren geführt, das kooperativ angelegt war. Und für uns ist entscheidend, dass wir Lehren für die kommenden Jahre daraus ziehen. Das heißt, nach guter fachlicher Praxis und unterfüttert mit Gutachten nachweisen, dass die Eingriffe in Natur-, Arten- und Umweltschutz vertretbar sind und damit auch Genehmigungsfähigkeit besteht."
    Erstmals ein Umweltgutachten "für jeden gefahrenen Meter"
    Für jeden Meter, der im Saarland gefahren wird, musste erstmals in der Renngeschichte ein Umweltgutachten erstellt werden, erläutert ADAC-Organisationsleiter Jung. Dafür muss der ADAC tief in die Tasche greifen:
    "Also die Kosten, insgesamt für das Thema Umwelt, angefangen bei den Umweltgutachten über die Absperrmaßnahmen, die notwendig sind und für den Personaleinsatz, der notwendig ist, sind wir deutlich im sechsstelligen Bereich."
    350 Kilometer Absperrband, 45 Kilometer Zaun und 16 Kilometer Absperrgitter sind nötig, um die Sicherheit von Fahrern und Zuschauern zu gewährleisten. Um zu zeigen, dass der Klub es jenseits der behördlichen Verpflichtungen ernst meint mit dem Umweltschutz, setzt die Rennleitung erstmals auch an anderer Stelle Zeichen. Statt der üblichen Plastikware werden 10.000 kompostierbare Kabelbinder getestet.
    "Die Kabelbinder müssen natürlich eine gewisse Last aushalten, zwei, drei Tage sollten die Kabelbinder der Belastung standhalten. Wenn es stark regnet, wenn der Wind geht, dann ist die Belastung auf diesen Kabelbindern doch enorm. Laut Datenblatt ist das kein Problem, aber wir müssen das doch erst einmal ausprobieren."
    Kabelbinder zum Kompostieren, Zwiebelsäcke zum Recyceln
    Daneben experimentiert der ADAC auch mit den Schutzzäunen aus Kunststoff. Normalerweise landet die gebrauchte Meterware in der Müllverbrennungsanlage. Aber dieses Mal soll zumindest einen Teil dieser sogenannten Zwiebelsäcke recycelt und zu Granulat verarbeitet werden.
    Umweltbeobachter werden die Einhaltung der Auflagen überwachen und im September Bilanz ziehen. Denn es ist nicht ausgemacht, dass die Umweltverbände im nächsten Jahr die Füße still halten werden, glaubt Umweltminister Jost.
    "Die waren im Grunde der Auffassung, dass es in der heutigen Zeit nicht in die Landschaft passt, haben aber zum Ausdruck gebracht, dass sie dieses Jahr keine Klagen einreichen, sich aber für das kommende Jahr und die darauffolgenden Jahre rechtliche Schritte vorbehalten."
    Für das Saarland ist die Rallye nicht nur ein sportlicher Höhepunkt, sondern auch ein Bekenntnis zum Auto, denn es sichert die meisten Arbeitsplätze im Land, sagt Innenminister Klaus Bouillon:
    "Wir leben vom Auto. Rallye-Sport gab es immer schon und wenn man die Auflagen des Umweltschutzes beachtet und das ist hier geschehen, passt es in die Zeit."