Lernen im Netz

Macht's selbst!

Eine Person bedient einen Laptop mit einer Mouse.
Auf dem Ted-Salon stellt sich die Khan-Academy vor, eine Plattform mit tausenden anschaulichen Lern-Videos. © picture-alliance / dpa / Tim Brakemeier
von Phillip Banse · 23.06.2014
Der Berliner TED-Salon ist eine kleine Schwester der TED, der berühmten Plattform für digitale Innovationen. 13 Wissenschaftler präsentieren ihre Konzepte, wie man im Netz besser lernen kann. Mit dabei: der streitbare französische Ökonom Thomas Piketty.
Ramesh Raskar betritt die kleine Bühne, intime Beleuchtung, einige Hundert Zuschauer. Der Mann vom Massachusetts Institute of Technology spricht auf der jährlichen TED-Konferenz, TED steht für Technik, Unterhaltung, Design. Das Video von Ramesh Raskars TED-Talk ist weit oben in der Kategorie: "Da bleibt einem die Spucke weg."
"Ich zeige ihnen Femto-Fotografie, eine neue Art der Fotografie, die so schnell ist, dass wir Zeitlupen-Videos erstellen können von Licht in Bewegung."
Dann zeigt der Forscher ein Zeitlupen-Video, wie ein ein Millimeter langes Photonen-Paket durch eine Plastikflasche wandert - zehn Milliarden mal langsamer als in Wirklichkeit.
Zutritt zur jährlichen TED-Konferenz haben nur Mitglieder, Jahresgebühr 6000 Dollar. Doch viele TED-Schwesterkonferenzen rund um den Globus sind kostenlos und der Veranstalter, die Stiftung des Internet-Unternehmers Chris Anderson, hat über 1700 Videos der Vorträge ins Netz gestellt: Bill Gates, Bono, Nobelpreisträger - die penibel choreografierten Vorträge sind eine Art "Sendung mit der Maus" für Erwachsene und wurden bisher über 1 Milliarde Mal angeschaut. Doch netzgestützte Bildung kann heute mehr sein, als nur ein guter Vortrag.
Jeder lernt von jedem
Der ehemalige Hedge-Fond-Anaylst Salman Khan wollte eigentlich nur seinen Cousins ein paar Matheaufgabe erklären und machte dazu ein paar Youtube-Filme. Daraus entstand die Khan-Academy: Tausende anschauliche Lern-Videos: von Mathe und Chemie bis Geschichte und Biologie. Dazu ein ausgeklügeltes System, mit dem jeder sich durch den Stoff arbeiten kann: mit Hilfe der Videos, im eigenen Tempo. In einem TED-Talk erklärt Khan was passiert, wenn sein System in einer gewöhnlichen Klasse eingesetzt wird:
"Es gibt immer Kinder, die alles schnell lernen und andere, die langsamer sind. In einem traditionellen Modell würde man diese langsamen Kinder vielleicht in eine andere Klasse stecken. Aber wenn sie jeden Schüler in seinem eigenen Tempo arbeiten lassen, beobachten wir immer wieder, dass einige Schüler an bestimmten Stellen zwar etwas länger brauchen. Aber wenn sie das Problem geknackt haben, holen sie auf und Schüler, die als schwach galten, gelten auf einmal als talentiert."
Selbstbestimmtes Lernen mit den Mitteln des Internets - die am besten entwickelte Form dieser Disziplin sind Moocs, Massive Open Online Courses: Mehrwöchige Uni-Seminare im Internet, angeboten von Elite-Unis wie Harvard, Stanford und Princton, gehalten von Google-Programmierern und Nobelpreisträgern. Die Online-Unis sind gratis, Zehntausende machen mit.
"Da gibt es meistens so ein kurzes Einstiegsvideo..."
Ohne Informatik-Studium Suchmaschinen programmieren lernen
Anita Hubert arbeitet sie als Online-Redakteurin bei der Deutschen Post. An ein Informatik-Studium traute sie sich nicht ran. Dann entdeckte sie Udacity, eine Online-Uni des Stanford Professors Sebastian Thrun.
"Das geht hier eben darum eine Suchmaschine zu bauen..."
Nach etlichen Videos, Chats mit Kommilitonen und Aufgaben, sagt Online-Redakteurin Hubert: Sie kann eine Suchmaschine programmieren.
"Google hat tausende Server, das habe ich nicht, aber in kleinem Maße könnte ich die bauen, ja."
Die klassische Universität ist um Bibliotheken herum entstanden, sagt Dirk Baecker, Professor für Kulturtheorie und -analyse in Friedrichshafen. Heute ist das Netz die Bibliothek. Folglich läge auch die Zukunft der Universität im Netz:
"Dann wird die entscheidende Frage sein, wo gehen die Leute hin, die Lust haben, ihre eigene Intelligenz sich gleichsam frei und autonom sich entwickeln zu lassen. Und parallel dazu: Wo werden Parteien, Unternehmen und Behörden hinschauen, um nach Nachwuchs zu suchen? Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Universitäten da zunehmend an Attraktivität verlieren."
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