Leonard Slatkin beim DSO Berlin

Uramerikanisch rätselhaft

Der Dirigent Leonard Slatkin
Der Dirigent Leonard Slatkin © Donald Dietz/DSO Berlin
23.03.2018
Es ist eine alte Liebe, die nicht rostet - seit über vierzig Jahren kommt der Dirigent Leonard Slatkin zum DSO Berlin. Zwei bekannte Werke gibt es diesmal, Paul Dukas' Zauberlehrling und Edward Elgars Enigma-Variationen - und ein ganz neues, "typisch amerikanisches" Violinkonzert von Aaron Jay Kernis mit dem Solisten James Ehnes.
Zwischen zwei gleichnamigen Orchestern pendelt der 73 Jahre alte US-amerikanische Dirigent Leonard Slatkin damit gewissermaßen hin und her - in Detroit ist er seit zehn Jahren Chef des Detroit Symphony Orchestra (DSO), und in Berlin pflegt er eine lange Tradition als Gastdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (DSO Berlin). Aber auch beim französischen Orchestre National de Lyon erfüllt Slatkin verantwortungsvolle Aufgaben, ebenfalls als künstlerischer Leiter. Erkennbar transatlantisch geprägt ist das Programm, mit dem Leonard Slatkin jetzt wieder beim Berliner DSO gastiert.
Er erlitt ein wenig das Schicksal eines One-hit-composers - Paul Dukas hat sehr viel mehr als "Den Zauberlehrling" komponiert, doch gespielt werden sein Ballett "La Péri" wie auch seine Oper "Ariane et Barbe-Bleu" nur sehr selten, ganz zu schweigen von seinen anderen sinfonischen Dichtungen nach Goethe und Shakespeare. Er soll überaus selbstkritisch gewesen sein wie sein Schüler Maurice Duruflé, dessen Requiem das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin erst vor zwei Wochen aufgeführt hat zusammen mit dem Rundfunkchor Berlin. Selbstkritik bedeute im Falle beider Komponisten, dass sie viele ihrer Werke nicht vollendet und nicht veröffentlicht haben. Dukas' "Zauberlehrling" hingegen ist - wo noch Musik unterrichtet wird - Schulliteratur, denn es verbindet Musik und Literatur auf die feinstmögliche und anschaulichste Weise.
Ebenso deskriptiv wie Dukas in seinem Goethe-Scherzo ging Edward Elgar vor, als er die strenge Variationstechnik mit der Absicht verband, Menschen aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis zu charakterisieren. Rätselhaft bei diesen Enigma-Variationen war allein, in welchem Satz welche Person beschrieben wurde, nicht aber weshalb das gut halbstündige Werk sofort geliebt wurde. Denn es verbindet profunde Technik mit der Elgar-typischen morbid-melancholischen Eleganz. Und der gewisse Pomp oder Schwulst, für den Elgar ebenso berühmt geworden ist, findet sich auch in mancher dieser Variationen über ein eigenes Thema.
Der Geiger James Ehnes
Der Geiger James Ehnes© Benjamin Ealovega/DSO Berlin
Aaron Jay Kernis (Jahrgang 1960, gebürtig aus Philadelphia/Pennsylvania) gehört zu den meistgespielten Komponisten in den USA. Exklusiv für den kanadischen Geiger James Ehnes hat er im vergangenen Jahr ein "brillantes, farbenfrohes und kreatives […und] unglaublich schwieriges und intensives, aber auch bewegendes, aufregendes und hochvirtuoses" Konzert geschrieben - so die Beschreibung des Solisten. Eine Kritikerin befand es für uramerikanisch, so wie man jedem französischen oder russischen Werk anhören könne, dass es von einem Komponisten aus diesen Ländern verfasst sei. Die Zuhörerinnen und Zuhörer in Berlin und auch die Musikerinnen und Musiker des Orchesters wie ebenfalls der Dirigent dürften bei ihrer ersten Begegnung mit diesem Violinkonzert von Aaron Jay Kernis zu ganz unterschiedlichen Einschätzungen gelangen. Aber das ist ja das Gute an Musik - sie lässt viel Raum für subjektives Empfinden.
Live aus der Philharmonie Berlin
Paul Dukas
"Der Zauberlehrling", Sinfonisches Scherzo für Orchester
Aaron Jay Kernis
Violinkonzert (Deutsche Erstaufführung)
ca. 20.55 Uhr Konzertpause
Edward Elgar
Variationen über ein Originalthema für Orchester op. 36 "Enigma-Variationen"

James Ehnes, Violine
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Leonard Slatkin

Dolby Digital 5.0 Surround über Satellit