Lektüre zum Luisen-Jubiläum

19.07.2010
Kriegerin, Madonna oder Familienmensch: Zum 200. Todestag der Luise von Preußen erscheint eine Reihe neuer Biografien - und jede davon deutet die legendäre Königin anders.
Es ist doch schön, wenn man "von" heißt, und viele namhafte Vorfahren hat. Und wenn einer davon auch noch Erzieher und Oberhofmeister von Friedrich Wilhelm III. war, dem späteren Preußenkönig, wie Carl Adolph von Brühl, dann passt so eine Herkunft gut, um ein Buch über dessen Gattin Luise zu schreiben. Autorin Christine Gräfin von Brühl hat diesen biografischen Hintergrund.

Bedauerlich ist nur, dass ihr Vorfahr kein Tagebuch über seine Zeit bei Hofe geschrieben hat. So muss auch sie sich auf andere Quellen verlassen, unter anderem auf die bekannt sarkastischen Eintragungen, die Sophie von Voss, Königin Luises Oberhofmeisterin, vom Leben am Hofe verfasst hat. Christine Gräfin von Brühl folgt dem Weg, den Luises Sarkophag nahm, von deren Sterbeort Hohenzieritz in Mecklenburg bis nach Berlin. Sie erzählt das Leben der König quasi als Rückblende und vergisst nicht, auch die eigenen Vorfahren ins rechte Licht zu setzen. Ihr Buch eignet sich als eine Art schwärmerischer Wanderführer für Luisen-Begeisterte.

Zu den interessanteren Luise-Neuerscheinungen dieses Jahres gehört Carolin Philipps Biografie, über "Die Königin und ihre Geschwister". Bei ihr ist Luise Teil eines "sechsblättrigen Kleeblattes" und fest eingebunden in ihre Familie. Wenn es auch manchmal mühsam ist, die vielen Details im Kopf zu behalten, weil man zwischen den nacheinander erzählten Biographin wechseln muss, wird doch klar, wie sich die Geschwister Charlotte, Therese, Friederike, Georg und Carl von Luise unterschieden: Sie schlugen durchaus über die Stränge, wenn die Leidenschaft stärker war als die Pflicht - was der Königin nur ein einziges Mal passierte, und das auch nur mental: als Luise für den russischen Zaren Alexander I. schwärmte, ein Thema, das in vielen Briefen verhandelt wurde.

Wie stark Luise auch politische Entscheidungen davon abhängig machte, was sie allein für sich, den König und ihre Familie bedeuteten, das wird in diesem Buch sehr deutlich. Ganz nebenbei erfahren wir die Geschichte einiger Fürsten-Geschlechter: Schwester Therese, "der einzige Mann im Haus", wurde eine von Thurn und Taxis, die lange Jahre ein Post-Monopol hatten; Charlotte von Sachsen-Hildburghausen, hat wahrscheinlich mitgeholfen, die "Dunkelgräfin" genannte Tochter von Marie Antoinette zu verstecken.

Sibylle Wirsings Buch "Die Königin. Luise nach 200 Jahren", merkt man das umfangreiche Quellenstudium an, die vielen, vielen Dokumente, die sie sicher mit viel Mühe ausgegraben hat. Das gibt ihrem Buch ein solides Fundament, aber die Lektüre ihres Buches ist recht anstrengend, was möglicherweise am Ton liegt, der den Eindruck erweckt, hier sollte ein Lebenswerk entstehen. Immerhin erinnert sie in angemessener Form auch an die "Kriegs-Königin" Luise, über die Napoleon nach ihrem Tod schrieb: "Eine große Feindin ist tot."

Das Luise-Jahr hat uns eine Reihe von Büchern beschert. Zu den schönsten gehört für mich - neben dem von Caroline Philpps - Daniel Schönpflugs Buch über "Luise von Preußen. Königin der Herzen", eine moderne, überaus eindrücklich geschriebene Biografie der historischen Bühnenfigur Luise, die ihre Rolle perfekt ausgefüllt hat.

Besprochen von Liane von Billerbeck

Carolin Philipps: Luise. Die Königin und ihre Geschwister
Piper Verlag, München 2010
457 Seiten, 12,95 Euro

Sibylle Wirsing: Die Königin. Luise nach 200 Jahren
wjs Verlag, Berlin 2010
328 Seiten, 19,95 Euro

Christine Gräfin von Brühl: Die preußische Madonna. Auf den Spuren der Königin Luise
Aufbau Verlag, Berlin 2010
280 Seiten, 22,95 Euro
Mehr zum Thema