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EZB-Entscheidung
"Wichtig ist für Anleger, die Risiken sehr breit zu streuen"

Über den Nutzen und die Risiken der EZB-Geldpolitik streiten sich aktuell die Experten. Eines sei klar, erklärte der Verbraucherschützer Nils Nauhauser im DLF: Die Zinsen bleiben niedrig, sehr zur Freude derer, die Geld brauchen, "aber es ist für alle ein Ärgernis, die Geld anlegen wollen."

Nils Nauhauser im Gespräch mit Jule Reimer | 23.01.2015
    Der deutsche Aktienindex
    Nauhauser: Aktien sind "langfristig die rentabelste Anlageform". (imago/ Hans-Günther Oed)
    Jule Reimer: Am deutschen Aktienmarkt explodieren die Kurse: Nachdem gestern der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, wie erwartet den Kauf europäischer Staatsanleihen angekündigt hat, stieg der Deutsche Aktienindex (DAX) heute erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 10.600 Punkten.
    Am Telefon in Stuttgart ist Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wie bewerten Sie denn als Verbraucherschützer diese geldpolitische Entscheidung Draghis?
    Nils Nauhauser: Wir sind Verbraucherschützer und wir halten uns bei der Geldpolitik zurück.
    Es gibt ja viele, auch professionelle Analysten und Wissenschaftler, die streiten sich über den Nutzen und die Risiken dieser Geldpolitik. Auch die, die sich da sehr, sehr gut auskennen, die sind sich nicht einig, ob das jetzt gut ist oder schlecht ist.
    Reimer: Was bedeutet die EZB-Entscheidung für den kleinen Geldanleger, für den Sparer?
    Nauhauser: Die Zinsen sollen niedrig bleiben. Das ist so gewollt. Denn die Inflation ist niedrig, teilweise sogar negativ im Euro-Raum. Es fallen also die Preise und die Aufgabe der EZB ist es, diese Inflation in Schach zu halten, also wieder zu erzeugen sogar, und das versucht sie jetzt durch mehr Liquidität im Markt.
    "Es ist für alle ein Ärgernis, die Geld anlegen wollen"
    Reimer: Das heißt, Sparbuch, Tagesgeld, Festanlage lohnt sich nicht?
    Nauhauser: Na ja, die Zinsen bleiben niedrig. Das heißt es, ja. Das freut alle, die Geld brauchen, die Geld aufnehmen, und das ist auch der Zweck, den die EZB verfolgt. Die Kreditnachfrage soll steigen. Aber es ist für alle ein Ärgernis, die Geld anlegen wollen.
    Aktien sind "langfristig die rentabelste Anlageform"
    Reimer: Wenn ich kein Haus kaufen oder bauen will, zum Beispiel als Geldanlage, was ist denn die Alternative dann - Aktien bei diesen Kursexplosionen, die wir da haben?
    Nauhauser: Natürlich sind Aktien langfristig die rentabelste Anlageform und deshalb auch sinnvoll, gerade zur Altersvorsorge auch mit beizumischen. Allerdings muss man bei Aktien das Nervenkostüm mitbringen, diese Kursschwankungen auszuhalten. Rekorde sind da normal, ebenso wie Kursverluste normal sind und ein Börsencrash dort zur Normalität gehört. Wichtig ist auch, dass man das richtig macht, am besten nicht über teure Produkte der Bankberater in den Aktienmarkt geht - das sind dann teure, aktiv verwaltete Aktienfonds, das sin Dachfonds; da verdienen vor allem die Banken daran.
    Besser ist es, wenn man das sehr kostengünstig macht, über Index-Fonds etwa.
    Reimer: Und wie komme ich an die dran als Otto Normalsparer?
    Nauhauser: Da müssen Sie sich diese Index-Fonds im Grunde selber heraussuchen. Es gibt genug Direktbanken, die diese auch anbieten. Verkauft werden die sehr ungern in den Banken, weil die Banken daran fast nichts verdienen und deshalb sind die Produkte auch so gut.
    Reimer: Alternative könnte ja vielleicht auch eine Fremdwährung sein. Wir haben gleich ein Beispiel: Die Schweiz hat ihre Währung, den Franken, allerdings vom Euro-Kurs abgekoppelt, daraufhin ist der Wert des Franken in die Höhe geschossen.
    Wir werden gleich in der Sendung "Umwelt und Verbraucher" im nächsten Beitrag hören, dass dadurch viele Schuldner in den osteuropäischen Ländern, die Kredite in Franken aufgenommen haben, in Bedrängnis geraten sind. Sind denn auch in Deutschland viele Kreditnehmer davon betroffen? Legt man in Deutschland in Schweizer Franken an?
    Nauhauser: Kreditnehmer betrifft das eher selten. Es gibt diese Fälle, ja, und da hat eine Beratung in der Bank auch stattgefunden dahingehend, dass die Finanzierung in Schweizer Franken doch viel günstiger sei. Und man muss sich anschauen, ob diese Beratungen dann falsch waren, fehlerhaft waren. Aber das sind eher Einzelfälle.
    Auf der Anlageseite gibt es das auch, dass Anleger in der Schweiz ihr Geld anlegen, etwa indem sie Schweizer Aktien kaufen oder Schweizer Franken halten.
    Allerdings ist das dort auch eher die Ausnahme. Anleger freuen sich über diese Aufwertung des Schweizer Franken und Kreditnehmer ärgern sich darüber.
    Reimer: Sagen Sie uns bitte noch ganz kurz: Würden Sie Geld anlegen in Dollar, in anderen Währungen?
    Nauhauser: Auf keinen Fall. Nicht gezielt zur Spekulation. Wichtig ist für Anleger, die Risiken sehr breit zu streuen, und wenn man etwa über einen internationalen Aktienindex-Fonds, auf den MSCI World als Aktienindex beispielsweise anlegt, dann hat man automatisch sein Geld in vielen Ländern und in vielen Währungen investiert, und so eine Mischung ist nicht so riskant als der Kauf einzelner Währungen.
    Reimer: Schönen Dank! - Das war Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg über die Folgen der EZB-Geldpolitik für die Sparer..
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.