Legida demonstriert nicht mehr

    Ist jetzt auch Pegida am Ende?

    Demonstrierende Mitglieder des islamkritischen Legida-Bündnisses, hier am 12.10.2015
    Ein Bild aus anderen Zeiten - zuletzt nahmen nur noch ein paar hundert Menschen an den Legida-Demos teil. © picture alliance/dpa/Sebastian Willnow
    Johannes Filous im Gespräch mit Maurice Wojach · 10.01.2017
    Kabarett statt Aufmarsch: Die Legida-Organisatoren beenden ihre Montagsdemos und kündigen neue Formen des Protests an. Der Dresdner Reporter Johannes Filous sagt, dass der Leipziger Pegida-Ableger starken Gegenwind hatte, warnt aber vor der rechten Untergrund-Bewegung.
    Deutschlandradio Kultur: Die Initiatoren von Legida haben das Ende ihrer Demonstrationen verkündet. Wissen Sie, was die wahren Gründe dafür sind?
    Johannes Filous: Darüber will ich nicht spekulieren. Klar ist aber - sie hatten nicht das von ihnen selbst erwartete Potenzial, die Massen zu mobilisieren. Auf der anderen Seite standen mehr Leute als auf der eigenen. Das hat sicherlich demotiviert.
    Deutschlandradio Kultur: Einer der Organisatoren sagt, es sei "nicht opportun, jede Woche oder jeden Monat tausende Polizisten von ihren Familien abzuhalten". Ist die Stimmung momentan denn so aufgeheizt, dass große Polizeiaufgeboten notwendig sind?
    Filous: Ob das Argument mit der Polizei ein wirklicher Grund ist, stelle ich infrage. Große Polizeiaufgebote gab es auch schon 2015. Die Stimmung war immer aufgeheizt, sowohl in Leipzig als auch in Dresden. Und insbesondere die Stimmung gegenüber Journalisten.

    "In Leipzig gab es von Anfang an mehr Gegenwind"

    Deutschlandradio Kultur: Gab es trotzdem Unterschiede zwischen dem Original und dem Leipziger Ableger von Pegida?
    Filous: In Dresden hat man Pegida einfach machen lassen. In Leipzig gab es von Anfang an mehr Gegenwind. Es gab eine breitere zivilgesellschaftliche Antwort auf die fremdenfeindlichen Äußerungen und die Angriffe auf die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. In Dresden hat man Pegida Treffen an zentralen Punkte in der Stadt ermöglicht.
    Johannes Filous (l.) und Alexej Hock haben das Projekt "Straßengezwitscher" in Dresdnen auf Twitter initiiert.
    Johannes Filous (l.) und Alexej Hock haben das Projekt "Straßengezwitscher" in Dresdnen auf Twitter initiiert.© Jan Zappner
    Deutschlandradio Kultur: Legida will zwar nicht mehr demonstrieren, aber in anderer Form weiterhin als Bewegung existieren. In welcher Form denn?
    Filous: Unter anderem ist eine Plattform angekündigt. Da sollte man ein Auge drauf haben.
    Deutschlandradio Kultur: Warum?
    Filous: Legida und Pegida haben eine Vernetzung von Fremdenfeinden und organisierten Neonazis ermöglicht. Das ist eine Gefahr - auch mit Blick auf die Mobilisierung und mögliche tätlichen Angriffe. Man muss schauen, was das Ziel von denen ist, die die Vernetzung vorangetrieben haben. Es wird - ohne die Demonstrationen - schwieriger sein, das im Auge zu behalten.
    Deutschlandradio Kultur: Also fürchten Sie eine noch radikalere Bewegung im Untergrund...
    Filous: ...die Vernetzung im Untergrund hat schon begonnen. Das gilt auch für Dresden. Es gab ja bereits Festnahmen, die in Verbindung standen mit der "Freien Kameradschaft" in Dresden. Man muss schauen, wie gefährlich die Vernetzung ist. Und ich denken schon, dass es eine Gefahr gibt.

    "Pegida ist in gewisser Weise auch am Ende"

    Deutschlandradio Kultur: Was die Legida-Organisatoren ankündigen, klingt weniger gefährlich. Es heißt, sie wollen künftig Kabarett-Abende veranstalten anstelle der Demos. Können Sie sich unter rechtspopulistischem Kabarett etwas vorstellen?
    Filous: Nein, dazu fällt mir auch nichts ein.
    Deutschlandradio Kultur: Also scheint die Zukunft von Legida ungewiss. Gilt das auch für Pegida in Dresden?
    Filous: Pegida ist in gewisser Weise auch am Ende. Pegida ist zu einem montäglichen Event geworden. Ich habe mir das gestern wieder angeschaut. Es ist egal, was vorne gesagt wird. Keiner erwartet noch inhaltlich etwas Substanzielles.
    Deutschlandradio Kultur: Was passiert stattdessen?
    Filous: Man folgt Ritualen. Man trifft Leute. Man empört sich über Andersdenkende. Man erzählt sich Witze und hetzt über Menschen, die anders aussehen und sucht Bestätigung. Pegida ist mehr ein Event geworden als eine politische Bewegung.
    Deutschlandradio Kultur: Klingt nach Stammtisch.
    Filous: Ein sehr großer Stammtisch auf der Straße, mitunter auf einer sehr kalten Straße. Aber auch wenn Pegida in gewisser Weise als politische Bewegung inhaltlich am Ende ist, werden sie nicht aufhören sich gegenseitig zu bestärken und das Event Pegida mit Kundgebung und Aufzug sicherlich bis weit in das Jahr 2017 hinein fortführen.

    Johannes Filous ist Gründer des Projekts "Straßengezwitscher". Er und seine Mitstreiter twittern über Pegida, Legida und andere rechte Bewegungen und über rassistische Vorfälle. Für ihre Arbeit wurden er und sein Team unter anderem mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet.

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