"Lebensschützer" protestieren gegen Pro Familia

"Danke Mama, dass ich leben darf"

Mit einem Plakat mit der Aufschrift "Mein Leben ist in deiner Hand..." demonstriert eine Abtreibungsgegnerin von der "Aktion SOS Leben" vor der Beratungsstelle von Pro Familia in Frankfurt am Main.
Mit einem Plakat mit der Aufschrift "Mein Leben ist in deiner Hand..." demonstriert eine Abtreibungsgegnerin von der "Aktion SOS Leben" vor der Beratungsstelle von Pro Familia in Frankfurt am Main. © dpa / Arne Dedert
Von Ludger Fittkau · 23.04.2018
Sie nennen sich Lebensschützer und wollen die Arbeit von Pro Familia behindern: In Frankfurt am Main halten Abtreibungsgegner Mahnwachen vor der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte - mehrmals im Jahr. Pro Familia wehrt sich inzwischen.
Christliche Abtreibungsgegner demonstrieren in Frankfurt am Main gegen Pro Familia - die größte deutsche Organisation für Sexual-, Schwangerschafts- und Partnerschaftsberatung.
Aktuell findet keine Mahnwache der Abtreibungsgegner vor der Frankfurter Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle statt. Doch Claudia Hohmann, Geschäftsführerin von Pro Familia in der Mainmetropole rechnet jederzeit damit, dass die Demonstranten wiederkommen. Das nervt die 20 Pro Familia-Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle enorm:
"Ja, nerven ist ein guter Ausdruck. Uns nervt das, wir würden die gerne nicht ernst nehmen. Aber wir müssen das tun. Weil sie unserer Meinung nach die Beratung einschränken. Sie bedrängen Klientinnen, die drücken das auch aus, dass sie das schlimm finden. Und uns nervt das, das wir natürlich von neun bis 15 Uhr sechs Wochen lang ständig haben, uns auch den Gesang anhören, das Beten anhören. Ja, nerven ist richtig!"

Solidarität mit Pro Familia

Seit dem vergangenen Jahr veranstalten die Abtreibungsgegner in Frankfurt am Main mehrmals im Jahr jeweils sechs Wochen lang die Mahnwache vor der Pro Familia-Beratungsstelle. Wann die Demonstranten genau kommen, ist unklar. Die letzte Mahnwache wurde vor Ostern abgehalten.
Im Internet gibt es eine E-Mail-Adresse, über die ich versucht habe, mit den Organisatoren der Mahnwache in Kontakt zu treten. Ich bekam keine Antwort. Eine Erfahrung, die auch Beatrix Baumann machte. Sie ist Vorstandssprecherin der Grünen in Frankfurt am Main und Koordinatorin des Bündnisses "Frankfurt für Frauenrechte", das ebenfalls vor Ostern Solidaritätskundgebungen für Pro Familia organisiert hat:
"Wir haben versucht, wenn wir vor Ort waren, mit denen auch ins Gespräch zu kommen. Das ist aber nicht möglich gewesen, die sind da abweisend gewesen. Ich weiß auf der anderen Seite hier aus der Frankfurter Presse, dass diese Gruppe von Christinnen und Christen, die diese Mahnwache machen, dass das eine kroatische Kirchengemeinde ist, die auch in der katholischen Kirche sehr umstritten ist, wo es auch innerkirchlich ganz große Auseinandersetzungen gegeben hat.
Es gibt Sektenexperten außerhalb der Kirche, die sagen: Es handelt sich da um eine Sekte, die das macht. Unser Gesundheitsdezernent, der Grüne Stefan Maier, ist in der evangelischen Kirche aktiv, der ist Theologe von seiner Ausbildung her, aber es waren da keine Gespräche möglich."

Pro Familia will sich wehren

Pro Familia will nun politisch durchsetzen, dass die Mahnwachen der Abtreibungsgegner künftig nicht mehr unmittelbar vor der Tür der Beratungsstelle abgehalten werden dürfen. Bisher macht das Ordnungsamt Frankfurt am Main lediglich die Auflage, dass die Demonstranten lediglich einen Abstand von zehn Metern zum Eingang einhalten müssen.
"Wir haben uns natürlich juristisch beraten lassen. Es geht uns ja nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit an und für sich, die finden wir auch wichtig. Wir finden aber, dass es nicht vor der Beratungsstelle sein sollte. Wir setzen uns dafür ein, dass eine Sperrzone verankert werden sollte, damit die Beratung wie sie gesetzlich vorgeschrieben ist, stattfinden kann", sagt Pro Familia- Geschäftsführerin Claudia Hohmann.
In Ländern wie Frankreich und Kanada gebe es bereits eine solche Sperrzone, um die Beratung der Frauen in Konfliktsituationen ohne den öffentlichen Druck durchführen zu können. Das Bündnis "Frankfurt für Frauenrechte" schließt sich dieser Pro-Familia-Forderung an.
Beatrix Baumann: "Die Anonymität, die wir eigentlich vom Gesetz her für die Schwangerschaftskonfliktberatung brauchen und die gesetzlich vorgegeben ist, ist auch nicht mehr gegeben. Es ist ein Platz, da ist ganz wenig Publikumsverkehr, man sieht genau, welche einzelnen Personen in die Beratungsstelle gehen. Also: Nötigung, Drangsalierung, Beeinflussungsversuche und Bruch der Anonymität."

Mit Kind und der Mutter Gottes

Claudia Hohmann von Pro Familia beschreibt, dass die Abtreibungsgegner den Frauen, die in die Beratungsstelle gehen wollen, Plakate mit Bildern entgegenstrecken:
"Die zeigen Föten, übrigens nicht Föten aus dem Stadium der ersten zwölf Wochen, in denen der Schwangerschaftsabbruch straffrei ist, auch Bilder: 'Danke Mama, dass ich leben darf' mit einem Kind, auch die Mutter Gottes. Man muss ja auch überlegen, dass hier nicht nur Frauen herkommen, die jetzt in Konflikt sind. Es sind auch Frauen mit Kinderwunsch, in vielen Situationen, ja. Auch die beeinträchtigen die Bilder."
Die Mahnwachen der Abtreibungsgegner finden inzwischen nicht nur in Frankfurt am Main statt, sondern auch in mehreren anderen deutschen Städten wie etwa in Pforzheim oder München. Die Bewegung ist international vernetzt, vermutet Claudia Hohmann mit Blick auf verschiedene Internet-Seiten der Szene:
"Ja, die sind weltweit vernetzt, das kann man auf den Seiten auch ablesen. Da gibt es Bilder von Demonstrationen vor Abbruch-Kliniken in den USA. Da weiß man, es haben einige auch aufgegeben und wurden geschlossen. Das heißt, die Möglichkeiten für die Frauen dort, Abbruch zu machen, sind dadurch weiter drastisch eingeschränkt."

Die Abtreibungsgegner werden wieder kommen

Das Bündnis "Frankfurt für Frauenrechte" stellt sich darauf ein, dass die nächste sechswöchige Mahnwache der Abtreibungsgegner kommen wird – spätestens im Herbst. Man wird darauf vorbereitet sein und wieder Gegenproteste organisieren, so Beatrix Baumann.
Als Abgeordnete im Frankfurter Stadtparlament hat sie überdies auch einen Antrag an die Stadtregierung, den Magistrat, mit auf den Weg gebracht, um die Möglichkeit einer Bannmeile prüfen zu lassen:
"...dass die bitte überprüfen mögen, ob diese Mahnwache da statthaft ist oder ob man sie nicht verlegen kann, wenn sie wiederkommen wollte."
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