Lebenslange Haft für Christchurch-Attentäter

"Jeder hat Vergebung verdient"

06:28 Minuten
Opfer des Christchurch Attentats vor dem High Court, die den Prozess verfolgen wollen. Brenton Harrison Tarrant ist schuldig gesprochen worden am 25. August 2020 und muss in lebenslange Haft.
Die Opfer in den Mittelpunkt stellen und nicht den Täter: Beim Prozess um den Christchurch-Attentäter kamen viele Hinterbliebene zu Wort. © Getty / AsiaPac / Kai Schwoerer
Christoph Möllers im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 27.08.2020
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Der Attentäter von Christchurch hat 51 Menschen ermordet. Dafür muss er lebenslang hinter Gitter, ohne Bewährung. Es ist das höchste Strafmaß, das Neuseeland je verhängt hat. Zu viel und doch zu wenig, meint der Staatsrechtler Christoph Möllers.
Im März 2019 griff der Attentäter von Christchurch zwei Moscheen an und tötete dabei 51 Menschen. Die Tat streamte er live ins Netz. Jetzt ist der Mann zu lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Das ist das höchste Strafmaß, das in Neuseeland bislang verhängt wurde. Premierministerin Jacinda Ardern zeigte sich erleichtert über das Urteil.
Der Staatsrechtler Christoph Möllers sieht es indes mit gemischten Gefühlen. Einerseits sei klar, dass auf eine solche Tat "massiv reagiert" werden müsse. Doch den Verurteilten für immer ins Gefängnis bringen? "Das ist irgendwie zu viel und zu wenig gleichzeitig", sagt Möllers. In Deutschland sei es verboten und verstoße gegen die Menschenwürde, jemanden ohne Bewährung zu inhaftieren:
"Eigentlich muss es immer Bewährung geben. Der Gedanke, der da so ein bisschen christlich anmutet, dass jeder noch einmal Gnade und Vergebung verdient, der gefällt mir eigentlich auch gut. Insofern ist meine Befriedigung bei solchen Dingen immer ein bisschen eingeschränkt. Ich glaube, Leute zu strafen, ist generell immer ein Ausdruck von sozialer Hilflosigkeit."

Namen der Opfer statt Namen des Täters nennen

Skeptisch äußert sich Möllers auch zu dem von Ardern geäußerten Wunsch, dass der Name des Attentäters nun nie mehr fallen möge. Jeder Mensch habe es verdient, dass sein Name nicht verschwiegen werde. Auch wenn er etwas "ganz Schreckliches" getan habe, bleibe er doch "Bürger dieser Gemeinschaft", so der Staatsrechtler.
Möllers findet es aber bedenkenswert, dem Opferschutz künftig mehr Aufmerksamkeit einzuräumen. Er bezweifelt allerdings, ob es hilfreich ist, nur noch die Namen der Opfer und nicht mehr den eines Täters zu nennen. Der Rechtsstaat schaffe viel Distanz zwischen beiden, um neutral und unparteiisch zu urteilen. "Vielleicht funktioniert das so nicht, vielleicht müssen wir darüber neu nachdenken", so Möllers.
(bth)

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