Dienstag, 19. März 2024

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Streit um Testosteronlevel
Noch nicht alle Probleme ausgeräumt

Im Umgang mit Intersexualität hat das IOC in seinen Richtlinien für Rio entschieden, dass, wer als Frau starten möchte, keine geschlechtsanpassende OP mehr benötigt. Ebensowenig wird eine Hormontherapie verlangt. Ein Knackpunkt für die Betroffenen sind jedoch die Testosteronlevel. Das erklärt die Sportjuristin Anne Jakob im DLF.

Anne Jakob im Gespräch mit Andrea Schültke | 28.03.2016
    Die südafrikanische Leichtathletin Caster Semenya
    Die südafrikanische Leichtathletin Caster Semenya (afp / Eric Feferberg)
    Es gab Zweifel an der Weiblichkeit von Caster Semenya. Später stellte sich heraus: Die Läuferin hat sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsmerkmale. Die Diskussion um ihren Start in Berlin zwang den Welt-Leichtathletikverband damals nach einer Regelung zu suchen unter der Athleten wie Caster Semenya also Personen mit Hyperandrogenismus, einem erhöhten Testosteronlevel an internationalen Veranstaltungen teilnehmen können.
    Der Sportgerichtshof CAS hat die Regelung des Welt-Leichtathletikverbands IAAF gekippt, was den Umgang mit Frauen mit natürlich erhöhtem Testosteronlevel betrifft. Voraussetzungen für Startberechtigung in der Frauenkonkurrenz war zuvor, dass sich diese Frauen sich operieren lassen und nach der geschlechtsanpassenden OP eine zweijährige Hormontherapie absolvieren, die den Testosteronlevel auf ein weibliches Maß reduziert.
    Dagegen hatte die betroffene indische Sprinterin Dutee Chand geklagt. Ihr hatte die IAAF verboten, an der weiblichen Konkurrenz teilzunehmen. Der Verband wollte sie in eine Hormontherapie zwingen, um den Testosteronlevel zu senken, so Anne Jakob
    CAS hat IAAF-Regel ausgesetzt
    Der CAS hat entschieden, dass ein hoher Testosteronlevel zwar zu Vorteilen führen könnte. Der Gerichtshof hat die IAAF aber aufgefordert, mehr wissenschaftliche Nachweise zu liefern, um festzustellen, ob ein natürlicher Testosteronwert solch einen starken Vorteile bringt, dass man die Sportlerin in eine Hormontherapie zwingen kann. Die Regel wurde ausgesetzt, bis 2017 sollen Nachweise erbracht werden, oder sie wird komplett fallen gelassen
    Die Regeln des IOC für die Olympischen Spiele in Rio weisen einen wesentlichen Unterschied zu denen der IAAF auf: Personen, die sich für die Männlichkeit entschieden haben, dürfen bei der Männerkonkurrenz grundsätzlich starten. Wenn ein Mann zur Frau werden will - oder im Prozess ist - oder für Athleten mit natürlich erhöhtem Testosteronspiegel, ist es nicht mehr notwendig, eine geschlechtsanpassende OP durchzuführen. Ebensowenig ist notwendig, eine Hormontherapie durchzuführen.
    Problem für Frauen mit natürlich erhöhtem Testosteronlevel
    Allerdings ist Voraussetzung für den Start, dass die Person vier Jahre lang in der Frauenkonkurrenz gestartet ist. Zudem muss sie nachweisen, dass ihr Testosteronlevel ein Jahr maximal bis zu zehn Nanomol pro Milliliter war. Dem natürlich erhöhten Testosteronlevel von zum Beispiel Dutee Chand wurde in dieser Regelung noch nicht Rechnung getragen. Die Regelung resultiere vor allem daraus, dass es in vielen Ländern liberalere Regelungen im Umgang mit Transgender-Personen gibt, so Anne Jakob.
    Das vollständige Gespräch können Sie als Audio-on-Demand hören.