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#42 Ein Ring, sie zu knechten - Die Bayreuther Festspiele verstehen lernen

44:07 Minuten
Kleine bunte Richard Wagner Figuren bevölkern das Gelände der Bayreuther-Festspiele 2014.
Kleine bunte Richard Wagner Figuren bevölkern das Gelände der Bayreuther-Festspiele 2014. © Getty Images/ Timm Schamberger
Von Julius Stucke · 25.07.2019
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Alle Jahre wieder und gefühlt seit immer! Die Bayreuther Festspiele sind unumstößlich Teil der deutschen Kultur. Was macht ihren besonderen Reiz aus? Und was muss man wissen, um mitzureden? Wir suchen Antworten am Fuß des grünen Hügels.
Die Bayreuther Festspiele sind Richard Wagner Festspiele - das ist der Mann, um dessen Werk sich hier fast alles dreht. Eine Veranstaltung, die für manchen etwas sonderbar wirkt, allein aufgrund ihrer Konstanz. Schon seit 1876 gibt es sie, und seit 1951 jedes Jahr zur selben Zeit: 25. Juli bis 28. August.

Ein verwesender Hase

Wiederkehrend aber nicht langweilig! Dafür sorgen unter anderem Inszenierungen, die für jede Menge Aufregung sorgen. Die Opernsängerin Martina Rüping erinnert sich im Podcast zum Beispiel an den Regisseur Christoph Schlingensief. Die Wirte der Stadt hätten sich beschwert, dass kein Essen nach seinem Parsifal bestellt worden sei, berichtet sie: "Weil den Damen schlecht war, von dem Anblick dieses verwesenden Hasen auf einer Leinwand".

Kanzlerin, Klatsch und Kleiderordnung

Auch der Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört inzwischen zu Bayreuth. Inklusive - musikalisch gesehen - eher nebensächlichem Klatsch über die Tiefe ihres Ausschnitts. Themen, die Sängerin Rüping eher belächelt – und nebenbei die Frage nach der Kleiderordnung beantwortet. Oder auch Nicht-Ordnung. Denn wegen der Hitze sitze das Orchester in kurzen Hosen und Unterhemd im Orchestergraben. "Es geht um die Musik, es geht um die Kunst! Wenn man da nur hingeht, um das hübsche Kleidchen auszuführen, also ehrlich gesagt: Ich ganz persönlich möchte die Leute im Publikum sitzen haben, die von der Kunst was verstehen möchten, die Musik hören möchten."

Ich hasse Wagner - aber auf Knien

Man kommt bei Richard Wagner auch am Thema Antisemitismus nicht vorbei. Denn das, da sind sich alle einig, war Wagner: ein Antisemit. Der Komponist Leonard Bernstein hat die Ambivalenz dabei gut auf den Punkt gebracht – er hasse Wagner, aber auf Knien. Kann man Werk und Autor bei Wagner getrennt betrachten?
Der Kulturjournalist Jörn Florian Fuchs sagt uns: "Es war einerseits der Ton der Zeit – andererseits etwas sehr Persönliches." Und meint: Gute Regisseure könnten heutzutage damit umgehen und das thematisieren. Die Leiterin des Feuilletons beim Berliner Tagesspiegel, Christiane Peitz, ergänzt, Wagner sei eben eine sehr schwierige Person, mit der man sich rumschlagen müsse: "Und Bayreuth ein guter Ort sich dem Unbehagen, das wir bei vielen Künstlern haben, auszusetzen".

Von den Nationalsozialisten bis zur Popkultur

Wagner war schon lange tot, als die Zeit des Nationalsozialismus begann, die Nazis ihn feierten und seine Musik für ihre Zwecke missbrauchten. Etwa den Walkürenritt in die Wochenschau einbauten – als Untermalung für Kriegsberichterstattung. Dadurch habe sich die Musik verändert, meint Christiane Peitz, und erzählt von Francis Ford Coppola, der Wagner später dann in seinen Vietnam-Film Apocalypse Now einbaute. Auch in anderer Filmmusik gibt es viel Wagner zu entdecken.
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