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#16 Kultur des Aufräumens – der Hype um Marie Kondō

33:35 Minuten
Stapelweise Bücher.
Ordnung schaffen - dabei geht es auch viel um einen selbst. © Unsplash / Cristina Gottardi
Von Christine Watty · 24.01.2019
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Sie erfreut und empört mit ihren Tipps für ein geordnetes Leben: Wir haben uns den Hype um die Netflix-Serie „Aufräumen mit Marie Kondō“ angeschaut, ein bisschen analysiert - und eine Antwort auf die Frage gesucht: „Does it spark joy?“
Zunächst ein Podcast-Spoiler: Auch diejenigen, die sich mit Marie Kondō nicht beschäftigt haben, können diesen Podcast hören! Wir erklären die Grundlagen der Aufräum-Euphorie – und können vorab verraten: Das Ordnungs-Thema betrifft auch Menschen ohne Netflix-Account. Wissen muss man: Marie Kondō kommt aus Japan, kann sehr gut aufräumen, und hat mit Büchern übers sinnvolle Aufräumen schon jede Menge Erfolg gehabt, bevor man sie nun in ein Serienformat steckte.

Von Unordnung bis Instagram-Tauglichkeit

Im Podcast schauen wir uns mit Filmkritikerin Anna Wollner das Coaching-Format genauer an, in dem Marie Kondō Familien, Paare, WGs besucht, und ihnen zeigt, wie man Ordnung schafft. Den Impuls am Ende bei sich aufzuräumen, hat Anna nicht gespürt – ihre Skepsis am Format liegt unter anderem daran, "dass man Leuten erklären muss, wie man aufräumt – und dass auch noch auf so eine japanisch-amerikanische Culture-Clash-hysterische Art und Weise, wie es diese Serie tut".
Warum Marie Kondō erfolgreich ist, schreibt Anna dem spirituellen Ansatz zu, auf dem ihre Aufräumtheorie basiert. Denn man setze sich auch mit sich selbst auseinander. Anna Wollner bringt aber auch die sozialen Medien ins Spiel in unserer Aufräum-Analyse, denn ihrer Ansicht nach haben die Wohnungen nach dem Aufräumen eine klare "Instagram-Tauglichkeit".

Ordnung ins Chaos bringen

Beim Aufräumen geht’s auch darum, alte Leichen aus dem Keller zu holen, befindet der Künstler Max Frisinger, der irgendwann drohte in seinem Atelier auf 300 Quadratmeter in Gegenständen unterzugehen. Zu viel Kram, zu viele Dinge, die er im Lauf der Jahre so zusammengetragen hatte für seine teils meterhohen Skulpturen. Das Zeug musste raus, sonst drohte Messie-Zustand. Wie aber kriegt man Ordnung in ein Künstler-Dasein? Wohin mit all den Werken?
Seit Jahren zum Beispiel arbeitet Frisinger an einer Installation, für die er inzwischen 25.000 Postkarten zusammengetragen hat. Und ebenso viele Magnete. Wie hebt man das auf? Max Frisinger scheint ein geheimes Marie-Kondō-Gen zu haben und überblickt Stapel und Kisten, hat aber vor allem durch ein gutes Gefühl zu seinen Dingen die Lage im Griff. Und bevor es zu brav wird: Der Anfang, auch der Kunst, ist weiterhin die Unordnung – "ich gehe erstmal von einem chaotischen System aus", sagt Frisinger. Wir auch!

Hören Sie hier zum Thema auch ein Interview mit dem Philosophen Philipp Hübl. Er sagt: Ordnungs-Fans "neigen ein bisschen mehr zu autoritärem Denken".
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