Kurz und kritisch

Die Geschichte der Kiepenhauer Verlage, der zweifelhafte Umgang von Journalisten und Medien mit Sensationen und Skandalen sowie die Malerin Marianne von Werefkin stehen heute im Zentrum unserer Kurz-Rezensionen.
Weimar und deutsche Literatur beschränken sich nicht nur auf die Klassiker. Weimar ist auch der Ort, in dem die Geschichte eines Verlages begann, dessen zahlreiche Autoren, die deutsche Literaturgeschichte der letzten 100 Jahre mit geprägt haben. Und diese Geschichte spiegelt gleichzeitig die politischen Verhältnisse des Landes wieder. Die Rede ist vom Kiepenheuer Verlag und den im Verlauf der Jahrzehnte sich daraus bildenden Verlagen in Weimar, Potsdam, Leipzig, Berlin und Köln.

Die illustre Liste des Verlags nennt unter anderem Gottfried Benn, Carl Zuckmayer, Lion Feuchtwanger, Bertold Brecht, Hermann Kesten, Albert Camus, Wolfgang Leonhard, Carola Stern oder Wolf Biermann als Autoren. Die Teilung des Verlags nach 1945 war ein Einschnitt, der auch nach 1990 nicht wieder behoben werden konnte. Der Teil des Verlags, der in der DDR verblieb, hatte es am schwersten. Er diente, wie noch manch anderer verstaatlichter Verlag, der Staatsführung, sich als die wahre Hüterin des kulturellen Erbes darzustellen. Es ist spannend diese Geschichte zu verfolgen, die Dokumente zu lesen und die Schicksale der Autoren, der Lektoren und all der anderen Mitarbeiter im und außerhalb des Verlags. Das erklärt auch die relativ kurz gefasste Geschichte des West-Teils in Köln, des Kiepenheuer & Witsch Verlags. Kiepenheuer lebt weiter, auch wenn ein wichtiges Kapitel abgeschlossen ist.

100 Jahre Kiepenheuer Verlage, herausgegeben von Siegfried Lokatis und Ingrid Sonntag
Christoph Links Verlag


Sie kommt aus einer wohlhabenden Familie und altem russischen Adel: Marianne von Werefkin. Als Kunsttheoretikerin gab sie wichtige Impulse für die Malerei der Moderne. War Schülerin Ilja Repins, des bekanntesten russischen realistischen Malers und betätigte sich als Mäzenin. Ein kleines Museum in Ascona existiert bis heute Dank ihrer großzügigen Schenkungen. Von ihr profitierte auch ihr langjähriger Partner, der russische Maler Alexej von Jawlensky. Es war eine spannungsreiche Beziehung, voller Konflikte, aber auch künstlerischer Befruchtung. Wenn heute über den Expressionismus und die Künstlergruppe Blauer Reiter gesprochen wird, geht es sowohl um Jawlensky als auch die Werefkin. Ende des 19. Jahrhunderts gingen die beiden aus Russland weg und waren bald Teil der Münchener Künstlerszene. Eine umfassende Anerkennung Marianne von Werefkins, als Teil und Mitgestalterin der Avantgarde-Bewegungen vor gut 100 Jahren, steht noch aus. Ihre Bedeutung für die russische, deutsche und schweizer Kunstgeschichte muss noch beschrieben werden. Ein Schritt dazu ist das Buch von Brigitte Rossbeck über "Die Russin aus dem Kreis des Blauen Reiters", in dem auf viele bisher unveröffentlichte Dokumente zurückgegriffen wurde.

Marianne von Werefkin von Brigitte Rossbeck
Siedler Verlag


Einblicke in den Medienbetrieb verspricht der schweizer Journalist und Medienunternehmer Kurt W. Zimmermann in seinem Buch "Schlagzeilen, Skandale, Sensationen". Doch leider kommt der Autor über Schlagworte und längst Bekanntes nicht hinaus, wenn er beispielsweise schreibt, dass die Medien mit ihrem Alarmismus die Schweinegrippe zur Gefahr hochstilisiert hätten. Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass das Buch neben ein paar Interviews mit Mediengrößen wie Springer-Chef Matthias Döpfner lediglich Kolumnen zusammenfasst, die der Autor in schweizer Zeitungen zu tagesaktuellen Ereignissen veröffentlicht hat. Manchmal widersprechen sie sich und sind unreflektiert. Sie kolportieren viel hierzulande unverständlichen schweizer Medientratsch und treiben reichlich Kollegenschelte. So wird das Radio als die langweiligste Mediengattung bezeichnet. Journalisten schrauben Themen gern hoch, schreibt Zimmermann. Sein Buch ist der beste Beweis.

Schlagzeilen, Skandale, Sensationen. Wie Medien und Journalisten heute agieren
von Kurt W. Zimmermann
Verlag Orell Füssli
Buchcover "100 Jahre Kiepenheuer Verlage"
Buchcover "100 Jahre Kiepenheuer Verlage"© Links Verlag
Buchcover "Schlagzeilen, Skandale, Sensationen. Wie Medien und Journalisten heute agieren"
Buchcover "Schlagzeilen, Skandale, Sensationen. Wie Medien und Journalisten heute agieren"© Orell Füssli Verlag