Kunstwerke auf dem Prüfstand

"Es macht mir Angst"

Das Gemälde "Hylas und die Nymphen" (1896) des britischen Malers John William Waterhouse. Das Ölgemälde zeigt eine Szene aus der antiken Mythologie, in der ein junger Mann von mehreren nackten Nymphen in einen Teich in den Tod gelockt wird.
Das Gemälde "Hylas und die Nymphen" (1896) des britischen Malers John William Waterhouse © imago
Pascale Hugues im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 02.02.2018
Wenn Kunstwerke aus Museen entfernt werden, weil sie angeblich Frauen herabwürdigen - was ist der nächste Schritt? Die Journalistin Pascale Hugues fühlt sich unangenehm an "sensitive reader" in den USA erinnert, die ihre Leser vor allem schützen wollen. Sie sagt: "Es gibt eine Freiheit der Kunst."
Absurd und Zensur - mit diesen Worten fasst die in Berlin lebende französische Journalistin Pascale Hugues zusammen, was sie von der Abhängung eines Gemäldes in der Manchester Art Gallery hält: Das Bild "Hylas und die Nymphen" (1896) des britischen Malers John William Waterhouse zeigt einen nett anzuschauenen, halbnackten jungen Mann, wie er sich zu einer Gruppe nackter Nymphen in einem Teich beugt. Das Gemälde, so die Begründung der Gallery-Kuratorin, stelle die jungen Mädchen als "passiv-dekoratives" Beiwerk dar.

"Es gibt eine Grenze"

Im Zuge der #MeToo-Debatte über Frauenverachtung in der Gesellschaft scheinen auch Kunstwerke aus vergangenen Zeiten plötzlich auf den Prüfstand zu kommen. Die "FAZ" bildet in ihrer heutigen Ausgabe - nicht ganz ernst gemeint - 16 Gemälde von Michelangelo bis Picasso ab, die dann auch aus Museen entfernt werden müssten, weil ihre Sujets frauenverachtend, gewaltätig oder pädophil wären. Unser Studiogast Pascale Hugues sagt: Sie finde das "gefährlich und merkwürdig. (...) Es macht mir Angst, ehrlich gesagt. (...) Es gibt auch eine Grenze." Die Gefahr, in ideologischer Starre und in einer Sackgasse zu enden, sei groß. Sie fühle sich an die "sensitive reader" in den USA erinnert, die alle Texte auf potenziell anstößige, beleidigende, sexistische oder minderheitenverachtende Inhalte prüften. Es sei aber absurd, die Leute immer schützen und in Watte packen zu wollen.

Werden auch erotische Gedichte bald verbannt?

Sie selbst finde das Gemälde von Waterhouse sehr ästhetisch - und im Übrigen sei auch der Mann auf dem Bild sehr dekorativ. Gehe man noch einen Schritt weiter, würde das bedeuten, dass auch erotische Gedichte und pornografische Literatur verbannt werden müssten
"Ich finde, es gibt eine Freiheit der Kunst. Dann soll man eben nicht ins Museum gehen, wenn es einen stört. Oder die Bücher nicht kaufen."
(mkn)

Warum sich über abgehängte Bilder nicht gut sprechen lässt – In "Kompressor" kritisierte Bernhard Maaz die Aktion der der Manchester Art Gallery. "Ein Bild das man abhängt, kann eine Debatte schon nicht sehr gut anregen. Es ist ja dann weg, es ist nicht sichtbar. Oder es ist nur noch im Netz", sagte der Generaldirektor der Bayrischen Staatsgemäldesammlungen im Deutschlandfunk Kultur.
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Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, Bernhard Maaz, lächelt am 22.06.2015 im Museum Brandhorst in München (Bayern) während einer Pressekonferenz.
© picture-alliance / dpa / Sven Hoppe

Nur ein soziales Experiment? Korrespondent Friedbert Meurer berichtete in "Studio 9" von der Debatte in Großbritannien und über die Leerstelle, die das abgehängte Bild nun hinterlässt. Auf den Zetteln, die die Galeriebesucher dort aufkleben, wo das Waterhouse-Gemälde in der Manchester Art Gallery jetzt fehlt, sei der Tenor einhellig: "Hängt das Bild wieder auf" heißt es da unter anderem.
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Besucher lesen die Kommentare auf den Zettelchen, die an der Stelle befestigt sind, an der das Gemälde "Hylas und die Nymphen" (1896) von John William Waterhouse in der Manchester Art Gallery ausgestellt war.
© Britta Schultejans/dpa

Die komplette Sendung mit Pascale Hugues hören Sie hier:
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