Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Luftverschmutzung
Wasserzähler sollen Schadstoffe messen

Je mehr Messstationen es für die Luftqualität gibt, desto genauer lässt sich ermitteln, wie hoch die Schadstoffbelastung ist. Italienische Forscher wollen deshalb flächendeckende Messnetze aufbauen. Ihr Ansatz: Die Luftsensoren sollen in Gas- und Wasserzähler eingebaut werden.

Von Frank Grotelüschen | 27.11.2018
    Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos in Stuttgart
    Die Feinstaub-Belastung in der Luft soll in Italien mithilfe von intelligenten Gas- und Wasserzählern gemessen werden (dpa-Bildfunk / Marijan Murat)
    "Das eine ist für die Schadstoffe Schwefeldioxid und Stickoxide. Und das andere Rohr ist für den Feinstaub."
    Eine Gewerbestraße im Hamburger Hafen. Thomas Reich vom Institut für Hygiene und Umwelt steht vor einem Container, aus dessen Dach zwei Rohre ragen. Dann geht er auf den Container zu und öffnet die Tür.
    Innen lärmen die Pumpen, und Reich zeigt auf eines der Rohre, das vom Dach kommt und in einer Glasröhre mündet.
    "Wir haben hier ein Verteilersystem, wo wir unterschiedliche Schläuche anbringen können, die die Luft zum eigentlichen Messgerät befördern."
    18 solcher Hightech-Messstellen gibt es in Hamburg – nicht gerade viel für eine Millionen-Metropole. Nicht viel besser sieht es in anderen Großstädten aus, sagt Marco Carratu von der Universität Salerno in Italien.
    "Luftmessstationen sind ziemlich teuer, und deshalb gibt es in unseren Städten nur relativ wenige. Unser Ziel ist es, die Messnetze deutlich auszuweiten, und zwar durch den Einsatz von Billig-Sensoren."
    Mehr Sensoren, höhere Genauigkeit
    Konkret setzen Carratu und seine Leute auf preisgünstige Feinstaub-Sensoren, die für gewöhnlich in Industrieanlagen und Klimaanlagen zum Einsatz kommen. Zwar ist jeder einzelne Partikel-Zähler nicht besonders genau. Aber verwendet man viele davon, mitteln sich die Fehler heraus – die Messgenauigkeit steigt. Doch wie lassen sich die Sensoren günstig miteinander vernetzen? Einfach indem man sie mit einem Messnetz kombiniert, das sowieso schon da ist, sagt Carratu.
    "Wir verwenden intelligente Wasser- und Gaszähler. Sie sind von Haus aus mit einer drahtlosen Datenleitung versehen und sind in Italien recht verbreitet. Auf diese Zähler setzen wir unsere Partikelsensoren huckepack mit drauf. Dadurch können wir die Messwerte quasi kostenlos an eine Zentrale übermitteln."
    Das Ziel: Ein engmaschiges Messnetz, das die heutigen Hightech-Stationen zwar nicht ersetzt, aber ergänzt – man erhielte deutlich genauere Informationen, wo in einem Stadtviertel die Feinstaub-Belastung besonders groß ist. Mit einem Pilotnetz aus 30 Sensoren haben die Wissenschaftler das Konzept bereits erprobt.
    "Wir haben unser Pilotnetz für einige Wochen laufen lassen. Die Messwerte wurden auf Wasserzählern gespeichert und dreimal am Tag zu einer Zentrale übermittelt. Dann haben wir unsere Werte mit denen einer konventionellen Messstation verglichen. Dabei kam heraus, dass unsere Sensoren die Feinstaub-Belastung zwar etwas überschätzten. Aber die Tendenz geht in die richtige Richtung."
    Italien ist besser geeignet als Deutschland
    Die Machbarkeit scheint demonstriert, nun wollen Carratu und sein Team das Verfahren verbessern und ein größeres Pilotnetz aufbauen. Italien scheint dafür prädestiniert. Hier stehen die Gas- und Wasserzähler oft im Freien, die Partikel-Sensoren haben also direkten Kontakt zur Außenluft. In Deutschland dagegen finden sich die Zähler meist im Keller – und damit in einem geschlossenen Raum. Ließe sich hier das neue Huckepack-Verfahren dennoch anwenden?
    "Ja, das wäre möglich. Man könnte den Sensor ja irgendwo draußen aufstellen und dann per Funk oder per Kabel an einen intelligenten Zähler koppeln. Das wäre zwar ein gewisser Aufwand, sollte für die Datenübertragung aber kein Problem sein."