Kunsthalle Mannheim

Ein neues Haus für die Kunst

Besucher betrachten am 15.07.2017 in Mannheim durch ein Panoramafenster des Neubaus der Kunsthalle den Mannheimer Wasserturm.
Besucher des Neubaus der Kunsthalle bewundern den Panoramablick auf den Mannheimer Wasserturm. © dpa / picture-alliance / Uwe Anspach
Von Rudolf Schmitz · 14.12.2017
Es gibt sie noch, die Großprojekte, die wie geplant zum Abschluss kommen. Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit wurde die Kunsthalle Mannheim fertig gestellt.* Mehr als 50 der 68 Millionen Euro Baukosten wurden gespendet. Die Architektur wurde von Künstlern beeinflusst.
Die neue Kunsthalle wirkt wie ein Festspielhaus. Die Größe dieses kubischen Museumsgebäudes mit einer Nutzfläche von 13.000 Quadratmetern und 13 Ausstellungsräumen wird durch ein bronzefarbenes Metallgewebe auf der Fassade angenehm kaschiert. Es erlaubt Durchblicke und sorgt für einen filigranen Gesamteindruck.
Der Eintritt in die Kunsthalle ist spektakulär: Man befindet sich in einem hohen, mit Glas überdachten Atrium. Eine gelungene Willkommensgeste. Architekt Nikolaus Goetze über das Konzept:
"Und die Furcht war schon irgendwie da, dass es wieder so ein hermetisch abgeriegelter Kunstbau ist, und das haben wir der Bevölkerung dann genommen. Und sie soll hier Platz nehmen und sich hinsetzen, auch ohne ein Ticket zu ziehen. Sie muss erst das Ticket kaufen, wenn man hier hoch geht. Der Platz selber bleibt öffentlich".

Künstler durften die Architektur mitgestalten

Einige wenige Kunstwerke sind schon installiert. Ein neun Meter hohes und 2,7 Tonnen schweres Bleirelief von Anselm Kiefer, das dieses Atrium nicht erschlägt, sondern geradezu handlich wirkt. Eine im Kreis schwingende Bahnhofsuhr von Alicja Kwade mit einem Felsbrocken als Kontergewicht sorgt für angemessene Beunruhigung. Der Dialog mit den Künstlern hat die Architektur mitbestimmt. Nikolaus Goetze:
"Wir wollen ein Museum bauen, das der Kunst dient. Und dazu haben wir auch die Gespräche mit den Künstlern gesucht. Die sind natürlich radikal, aber aus den Gesprächen kam auch der Minimalismus. Der Boden als fugelloser Estrich, der weiße Kubus, die weißen Wände und auch die relativ reduzierte Decke. Nur, den einzigen Luxus, den wir uns geleistet haben, ist der Holzhandlauf, der wie eine rote Linie durch das Haus geht".
Doch die Kunsthalle wirkt nicht kalt. Dafür sorgen die Treppen, Brücken und Terrassen, die auf drei Stockwerken die Ausstellungsräume rund um das Atrium erschließen. Die Direktorin der Kunsthalle, Ulrike Lorenz, hatte sich von Gerkan, Marg & Partner, kurz gmp genannt, eine transparente Architektur gewünscht. Sie solle wie eine "Stadt in der Stadt" funktionieren.
"Man flaniert durch ein wirklich sehr offenes Haus, jede Tür steht offen, fließt sozusagen als Publikum rein in einen Raum und wieder raus. Hat dann wieder die Stadtatmosphäre, den Einblick in die Stadt Mannheim, und den Einblick in unser Atrium, in die Bewegung, die es dort gibt. Als Treffpunkt und Marktplatz. Und die Kunsträume sind aber nach innen orientiert, und gmp hat es ja demütig geschafft, tatsächlich hier keine großen Gesten zu machen, sondern die Kunst zur vollen Wirkung zu bringen".

Reale und gemalte Stadtlandschaften

Ulrike Lorenz führt uns zu einer Terrasse mit bodentiefer Verglasung, die einen großartigen Blick aufs Stadtpanorama erlaubt.
"Und das Verrückte ist, dass der Wasserturm und der Friedrichsplatz, als der schönste Platz Mannheims, gerade zum größten Ausstellungsstück werden. Man spürt das förmlich: Es ist gerahmt. Und wir werden uns, wenn wir das Museum dann einrichten im nächsten halben Jahr, durchaus den kuratorischen Spaß erlauben, hier an diese Wand unseren berühmten Delaunay zu hängen: den Fensterblick auf Paris, auf den viel, viel größeren – den Eiffelturm".
Es soll hier keine Meistererzählung der Kunstgeschichte geben, sondern eine bewegliche, themenorientierte Präsentation der Sammlung, die als eine der ersten Bürgersammlungen der Moderne gilt. Sie vereint Spitzenwerke von Edouard Manet bis Francis Bacon, mit einem Schwerpunkt Neue Sachlichkeit und zeitgenössische Skulptur.
Die bereits eingerichtete Installation des Südafrikaners William Kentridge, mit ihren Videoprojektionen, Skulpturen und im Raum verteilten Stühlen gibt einen Vorgeschmack auf die Atelieratmosphäre, die in einigen Räumen der Kunsthalle künftig herrschen könnte.
Eine neue Beweglichkeit im Umgang mit der Sammlung und dem Publikum – die Kunsthallen-Architektur von Gerkan, Marg&Partner bietet dafür die besten Voraussetzungen. Architekten und künstlerische Leitung haben sich offenbar gegenseitig inspiriert. Dazu kann man Mannheim nur gratulieren.
(mw)

*Anm. d. R.: Die Kunsthalle wird nur vorübergehend eröffnet. Weil sich die Arbeiten beim Innenausbau verzögert haben, kann die Sammlung erst in den kommenden Monaten einziehen. Bevor am Montag das Museum in einem Festakt offiziell übergeben wird, lädt es zu Tagen der offenen Tür. Dann aber schließt die neugebaute Kunsthalle bereits wieder. Richtig eröffnet wird das Museum erst ein halbes Jahr später.
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