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Flüchtlingspolitik
Luxemburg glaubt an Dublin

Die Dublin-Verordnung regelt bis heute den Umgang mit Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union. Auch Luxemburg steht hinter dem Regelwerk. Aber in der Umsetzung hat das Land mit vielen Problemen zu kämpfen.

Von Tonia Koch | 17.07.2018
    Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn
    Jean Asselborn, der Außenminister Luxemburgs, steht hinter der Dublin-Verordnung. (AFP/Matthew Mirabelli)
    Jean Asselborn, der Außenminister Luxemburgs, ist überzeugt, sein Land kommt mit den sogenannten Dublin-Vereinbarungen zurecht. Diese regeln den Umgang mit Menschen, die in Europa um Asyl bitten.
    "Wenn ein Mensch zu uns kommt und um Asyl nachfragt und er ist schon in einem anderen Schengen-Land abgelehnt worden, dann stellt man das in fünf Minuten fest auf EURODAC, wenn das der Fall ist, kommt er in diese spezifische Prozedur, die wir auch Dublin-Prozedur nennen und in einem Monat im Durchschnitt ist das Problem in Luxemburg gelöst. Wir nehmen Kontakt auf mit dem Land, wo der Antragssteller herkam, und es wird geordnet zwischen den zwei Ländern dann die Rückführung organisiert."
    Im vergangen Jahr hat Luxemburg gemäß der geltenden Dublin III-Verordnung für 602 Personen Rückführungsanträge zum Beispiel nach Deutschland gestellt - weil die Menschen dort erstmals Asyl beantragt haben. Diese Anträge wurden zwar mehrheitlich von den deutschen Behörden anerkannt, letztendlich aber wurden lediglich 176 Personen überstellt. Zurück nach Deutschland wollten die wenigsten.
    Von der Illegalität ins Abschiebezentrum
    Das zuständige Amt in Luxemburg vermutet, dass die Menschen stattdessen in andere EU-Länder weitergereist sind oder in die Illegalität abgeglitten sind.
    Leute, die sich illegal im Land aufhalten, werden sobald sie aufgegriffen werden, direkt ins Centre de Rétention, ins Abschiebezentrum am Luxemburger Flughafen Findel, gebracht, sagt der Leiter, Vincent Sybertz.
    "Hier landen die, die aufgegriffen werden, bei einer üblichen Kontrolle draußen."
    Das Haus ist eingezäunt. Fenster und Türen sind allerdings ohne Gitter und im Innern zeugen lediglich die vielen verschlossenen Türen davon, dass sich die aktuell etwa 50 Bewohner hier drin nicht überall frei bewegen können. Ansonsten wurde für ein wenig Behaglichkeit gesorgt, um das Abschiebzentrum von einem Gefängnis zu unterscheiden.
    Wände in Pastell, Bilder im Flur
    Die Wände sind in Pastelltönen gestrichen, Bilder hängen in jedem Flur. Es gibt Fitnessräume, einen Fernsehraum und einen Internetraum, der täglich von den Insassen genutzt werden kann. Im Aufenthaltsraum liegen drei Handys.
    "Ein Telefon ist nur für den Anwalt und ist gratis. Und ein Telefon ist gedacht, um eingehende Telefonate zu empfangen, also da gibt es auch relativ frei eine Kommunikation nach draußen."
    60 Adressen von Anwälten stehen auf einer Informationsbroschüre, die den Bewohnern ausgehändigt wird, jeder kann gegen seinen Abschiebebescheid klagen und das werde rege genutzt, sagt Sybertz.
    "Die allermeisten würde ich sagen ja. Bei den Dublin-Fällen eher weniger, weil die wissen, da besteht quasi null Hoffnung und da denke ich, da sind die Rechtsanwälte so korrekt und sagen, es bringt nichts."
    2.800 Menschen haben in den vergangen sechs Jahren die Einrichtung durchlaufen.
    Viele Menschen können nicht zurückgeschickt werden
    Aber längst nicht alle konnten in ihre Heimatländer zurück geschickt werden, weil ihre Identität nicht geklärt werden konnte. Diese Menschen können nicht unbegrenzt festgesetzt werden, spätestens nach einem halben Jahr werden sie entlassen, verlassen das Land oder tauchen erneut unter.
    "Es kann passieren, dass einer vier Mal da ist und man findet nichts heraus."
    Das Abschiebezentrum steht am Ende einer Verfahrenskette. Vorgelagert ist eine Art Übergangseinrichtung, die sich zunächst darum kümmert, Flüchtlinge, die bereits einen Asylantrag in einem anderen EU-Land gestellt haben, solange zu betreuen bis die Rücknahmevoraussetzungen mit dem jeweiligen EU-Land geklärt sind. Es handelt sich um eine offene Einrichtung, dementsprechend hoch ist die Fluktuation. 65 Prozent derer, die wissen, dass ihr Weg ins Abschiebezentrum führt, verschwinden mit unbekanntem Ziel.