Kunst und Geld

Von Margarete Limberg |
Angesichts leerer öffentlicher Haushalte muss auch im Kulturbetrieb gespart werden. Viele Kulturschaffende sehen daher im Sponsoring einen Ausweg aus der Finanzmisere. Welche Möglichkeiten und oder auch Gefahren damit verbunden sind, darüber diskutierten Experten auf einer Tagung im Deutschlandradio Kultur.
Es war ausgerechnet eine Amerikanerin, die Intendantin der Berliner Philharmoniker, Pamela Rosenberg, die das Hohelied auf die staatlich subventionierte deutsche Kulturlandschaft anstimmte und allen, die angesichts leerer öffentlicher Kassen vom Segen des amerikanischen privaten Sponsorentums schwärmen, einige bittere Erfahrungen mitzuteilen hatte, die sie in San Francisco gemacht hat.

Hier werden die USA gerne als Musterland effizienter Marktwirtschaft betrachtet, während Deutschland als Synonym für Schwerfälligkeit und Bürokratie gilt, zudem als ein Land, in dem die Kulturschaffenden Steuergelder ungestraft zum Fenster hinauswerfen dürfen. Von Pamela Rosenberg erfuhren die Tagungsteilnehmer, dass die Wirklichkeit anders aussieht. Sie kennt beide Systeme, war von 1991 bis 2000 Ko-Intendantin an der Stuttgarter Oper und von 2001 bis 2006 Generalintendantin der San Francisco Opera. So berichtet sie über die Arbeitsbedingungen:

"Die sind sehr verkrustet, sehr byzantinisch fast in der Komplexität. In San Franciso hatte ich mit acht Gewerkschaften zu tun gehabt, Metropolitan hat mit 13. Und um eine Vorstellung auf die Bühne zu bringen, musste ich mit acht Gewerkschaften verhandeln."

Die Kosten einer Aufführung, so Pamela Rosenberg seien in den USA doppelt so hoch wie in Deutschland.

Das Einwerben von Sponsorengeldern ist sehr viel aufwändiger als man es sich hierzulande vorzustellen vermag. 16 Mitarbeiter an der Oper in San Francisco waren allein damit beschäftigt, Spenden zu mobilisieren. Künstlerische Experimente, so Pamela Rosenberg, dürfe man in diesem System kaum riskieren, es sei denn einer der großzügigen Sponsoren habe gerade dafür einen ausgeprägten Sinn. Auch das hat die Amerikanerin allerdings erfahren.

Das fast völlige Angewiesensein auf private Spenden lähmt nach ihrer Ansicht nicht nur die künstlerische Freiheit, es lässt auch langfristige Planungen kaum zu. Nach dem Zusammenbruch der New Economy und dem 11. September gingen die Spenden binnen kürzester Zeit drastisch zurückging.

Die finanziellen Nöte der öffentlichen Hand sind freilich in Deutschland so groß, dass man sich bei der Berliner Tagung zur Kulturfinanzierung trotz des Rosenbergschen Schreckensbildes sehr intensiv mit der Frage beschäftigt hat, wie verstärkt privates Geld für die Kultur erschlossen werden kann. Einiges ist bisher schon geschehen, aber nicht genug. Es gibt zahlreiche Stiftungen, Fördervereine und – seltener – gemeinnützige Aktiengesellschaften, die zeigen, dass sich das zivilgesellschaftliche Engagement hierzulande sehen lassen kann. Einige Institutionen wie das Jüdische Museum in Berlin organisieren inzwischen mit großem Erfolg nach amerikanischem Muster Spendendinner, bei denen 10.000 bis 20.000 Euro zahlen muss, wer dabei sein will.

Auch in Deutschland machen hier und da Großspender von sich reden: In Hamburg stellt ein Ehepaar 30 Millionen Euro für den Bau der Elbphilharmonie bereit, in Berlin spendet ein Förderkreis mit dem Unternehmer Dussmann an der Spitze 30 Millionen für die Sanierung der Staatsoper. In Deutschland weckt so viel Großherzigkeit bei manchen erst einmal Misstrauen. Warum macht er das, was hat Dussmann davon wurde Barbara Kisseler, Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur gefragt. Sie wolle nicht von der Hand weisen, dass ein mit der finanziellen Hilfe verbundenes positives Image geschäftsfördernd wirken könne, antwortete sie, um dann hinzuzufügen:

"Das war aber für ihn überhaupt nicht das Kriterium. Er ist deshalb Vorsitzender des Freundeskreises, weil er sich über seine wirtschaftliche Arbeit hinaus wirklich für die Belange der Oper seit sehr langer Zeit schon engagiert und weil er gesagt hat, ich möchte dem von mir geliebten und wertgeschätzten Haus helfen, wieder arbeitsfähig zu sein."

In diesem Fall blieb angesichts dieses privaten Engagements und der zugesagten Hilfe des Bundes selbst dem in Kultursachen besonders knauserigen Berliner Finanzsenator nichts anderes übrig als seinerseits 50 Millionen für die Sanierung des Opernhauses zur Verfügung zu stellen.

Die Gesellschaft der Bundesrepublik tut sich indessen immer noch schwer, den privaten Sponsoren die verdiente Anerkennung zu zollen, es fehlt nicht nur an steuerlichen Anreizen, es fehle eine Anerkennungskultur, klagten Teilnehmer der Tagung. Prof. Klaus Siebenhaar, Direktor des Instituts für Kultur- und Medienmanagement der FU Berlin:

"Auf der einen Seite begrüßen die politischen Entscheidungsträger, dass wir wieder bürgerlichen Gemeinsinn haben, dass privates Geld kommt, sie stimulieren dies. Auf der anderen Seite erleben die auf dem Gebiet nicht ganz erfolglosen Kultureinrichtungen, dass sie am besten mit ihren Erfolgen hinter dem Berg halten, weil jeder Erfolg die haushaltspolitisch Verantwortlichen auf den Plan ruft, die sagen, prima, die holen da ne Million rein, die können wir dann schlicht mal umverteilen."

Deutschland ist in Sachen Kulturfinanzierung ganz sicher noch weit entfernt von amerikanischen Verhältnissen. Skepsis ihnen gegenüber schließt jedoch nicht aus, dass mehr Fantasie und Kreativität bei der Erschließung neuer Finanzquellen für die Kultur zu wünschen sind, solange man im Auge behält, was Pamela Rosenberg so formulierte:

"Kultur soll für alle bezahlbar sein, jeder soll eine Eintrittskarte sich leisten können, in Amerika sind die Eintrittspreise extrem. Und zweitens man hat die Pflicht zum Risiko und mit dem Risiko meine ich künstlerisches Risiko im subventionierten Betrieb. Wenn man nur den Status quo beibehält, denke ich, dass eine Gesellschaft abstirbt."