Kunst kommt von Rendite?

Eine Selbstversuchung auf der Art Cologne

Ein Besucher geht in Köln (Nordrhein-Westfalen) am Kunstwerk "Nefertiti sculpture" aus dem Jahr 2015 von Isa Genzken vorbei.
Die "Nefertiti sculpture" der Künstlerin Isa Genzken auf der diesjährigen Kunstmesse Art Cologne in Köln. © picture alliance / dpa / Federico Gambarini
Von Thorsten Jantschek · 14.04.2016
Die Zinsen für Sparer sind im Keller. Deshalb suchen immer mehr Anleger ihre Renditechancen in Sachwerten wie zum Beispiel der Kunst. Ein idealer Ort dafür ist die Kunstmesse Art Cologne. Thorsten Jantschek hat dort einen Selbstversuch unternommen.
"Dass Kunst auch eine Geldanlage ist, ist jetzt allen bewusst."
... meint der Messedirektor der Art Cologne Daniel Hug.
"Zumindest die Kunst der klassischen Moderne, der Nachkriegskunst, also die künstlerischen Positionen, die auch in Museen vertreten sind, .... das ist auch eine gute Geldanlage. ... Ich würde raten: Zero, da kann man nicht falsch gehen."
Der Leiter der Kunstmesse Art Cologne, Hug Daniel
Der Leiter der Kunstmesse Art Cologne, Hug Daniel© dpa / picture alliance / Oliver Berg
Also gleich in die Messehalle, in der die Klassiker zu sehen sind, von Chagall, über Warhol bis hin zu jenen Künstlern der Zerogruppe, die ich zwar sehr bewundere, die aber hypebedingt zu teuer sind. Ich bin mit Raimund Thomas von der Münchner Galerie Thomas verabredet. Er muss es wissen, er ist seit nunmehr 50 Jahren ununterbrochen auf der Art Cologne und wird dort in diesem Jahr für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
"Wenn Sie kommen und sagen: Ich habe 20.000 Euro, was soll ich damit tun? ( ..) Und ich finde heraus, dass sie sich für konstruktive Kunst interessieren begeistern können ..."
.... stimmt genau! ....
"… dann würde ich sagen: Kaufen Sie Knoebel!"
Der Künstler Imi Knoebel 2014 vor seinen Werken "Aliaaa" (l, 2002) und "Ich Nicht X" (2006) in der Ausstellung "Imi Knoebel. Werke 1966-2014" im Kunstmuseum in Wolfsburg.
Der Künstler Imi Knoebel 2014 vor seinen Werken "Aliaaa" (l, 2002) und "Ich Nicht X" (2006) in der Ausstellung "Imi Knoebel. Werke 1966-2014" im Kunstmuseum in Wolfsburg.© picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte

Knoebel "wird noch deutlich Anerkennung finden"

.... und schon geleitet mich der elegante Herr zu zwei winzig kleinen, sich überlagernden Farbtäfelchen, etwa 10 mal 14 cm groß, eine schlammig orangefarbene Fläche verdeckt eine schwarze, von der noch eine Kante zu sehen ist. Ein wirklich typisches Werk für den minimalistischen Künstler Imi Knoebel .....
".... das kostet 5000 Euro, das ist ein Original, besser kanns nicht sein, von einem wirklich großen Künstler, der ein Lebenswerk schon jetzt hinter sich hat."
Und da kann ich in zehn Jahren sicher sein, dass das investierte Geld wieder herauszubekommen?
"Bei Knoebel würde ich eher sagen, dass dieses Werk noch deutlich Anerkennung finden wird. Und dass das noch eine preisliche neue Bewertung finden wird."
Das hört sich nach einer soliden, zugleich ästhetisch sehr reizvollen Anlagestrategie an. Und während mir diese doppelte Rendite – Wert- und Spaßzuwachs – im Kopf herumgeistert, komme ich mit Gerd Harry Lybke ins Gespräch, dessen Leipziger und Berliner Galerie Eigen und Art mit Malern wie Neo Rauch Millionenumsätze macht...
"Was es am wenigsten gibt bei uns ... Also am wenigsten in allen Galerien gibt es Dinge, die sich umrechnen lassen in Rendite. Weil Kunst hat damit eigentlich nicht wirklich was zu tun. Kunst hat was mit Gefühl zu tun, mit Sehnsucht ..."
.... aber doch wohl auch mit Geld ...
".... mit Geld, und wenn man es hat, kann man sich auch für das, was man übrig hat, Kunst kaufen."
Aber es soll ja nicht gleich weg und verbrannt sein. Wird es nicht langsam Zeit, an die Altersversorgung zu denken, das Studium der Kinder? "Kunst gleich Kapital" –hatte der Kunstmagier Joseph Beuys einst auf Schultafeln oder Geldscheine geschrieben. Und heute kann sich glücklich schätzen, wer in den 1980er-Jahren womöglich auf der Art Cologne so etwas gekauft hat. Denn dieses Kunstkapital hat kräftig gearbeitet.

Kunst ist auch Magie

Und während ich immer noch an den Miniaturknoebel denke, werde ich plötzlich am einem ganz anderen Stand von äußerst zurückhaltenden Farbflächen magisch angezogen. Fast scheint es, als würden diese blassen Gemälde mehr verbergen als zeigen, Farbschichten überlagern sich, schimmern etwa durch eine fliederfarbene Oberfläche. Oksana Shestaka von der Berliner Galerie Aurel Scheibler spricht mich an, erklärt mir die Arbeitsweise des britischen Künstlers Tom Chamberlain, Jahrgang 1973, und nimmt meine Frage vorweg:
".... diese Leinwand liegt um 5000 .... das ist ein sehr aufwändiger Arbeitsprozess, wo der Künstler Monate lang mit den Farben, mit unterschiedlichen Farbschichten arbeitet ... also ich kann dafür eine absolut gute Prognose geben ... Er wird von uns schon seit mehreren Jahren vertreten, die Arbeiten sind auch schon in den letzten Jahren im Wert gestiegen. ...."
... Aber eben noch keine großen Museumsausstellungen, kein umfassendes Lebenswerk. Nichts als: faszinierende Kunst. Ein Risikoinvestment würde man das wohl nennen müssen. Und das kann ich hier in diesem Trubel nicht entscheiden. Wir verabreden einen Besuch in der Galerie. Mal sehen!
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