Merkels Reise in den Südkaukasus

Politische Gratwanderung

Die Altstadt der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku mit Minaretten liegt vor dichtbebauten neuen Hochhäusern.
Wegen einer Verstimmung vor der Reise, dürfte der Besuch in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku schwierig werden. © Deutschlandradio / Sven Töniges
Von Stephan Detjen  · 23.08.2018
Die Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Südkaukasus ist einer der Schwerpunkte der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Georgien, Armenien und Aserbaidschan. Einen Eklat gab es schon vor der Abreise.
Es ist eine Reise zu politischen Pulverfässern, eine Gratwanderung zwischen wirtschaftlichen Interessen, geopolitischen Einflusssphären und gewaltsam umkämpften Grenzen. Zum ersten Eklat kam es bereits vor der Abreise. Aserbaidschan, das erst als letztes von drei Ländern auf dem Reiseplan der Kanzlerin steht, verweigerte dem CDU-Bundestagsabgeordneten Albert Weiler die Einreise. Er sollte als einer von mehreren Abgeordneten in der Delegation Angela Merkels mitreisen.

Streit um Einreise-Verbot für CDU-Abgeordneten

"Der Grund ist der, dass ich in Bergkarabach war und dass Aserbaidschan sagt, wer in Bergkarabach war, ist bei uns unerwünschte Person", sagte Weiler im Deutschlandfunk Kultur. Die Region Bergkarabach ist seit Generationen zwischen Aserbaidschan und Armenien umstritten. Weiler hatte das Gebiet als Vorsitzender der deutsch-kaukasischen Parlamentariergruppe besucht.
Er sagt: "Wenn man sich so verhält, dass man einen demokratisch gewählten Abgeordneten, weil er in der Region Bergkarabach war und sich dort die Situation vor Ort anschauen wollte, mit den Menschen reden wollte – zum Anlass nimmt, ihn nicht einreisen zu lassen, ihm androht, dass er am Flughafen schon festgenommen wird, das ist aus meiner Sicht schon nicht unbedingt zielführend. Das wird auch Auswirkungen haben auf die diplomatischen Beziehungen und das wird dem Herrn Alijew auch die Kanzlerin so sagen, dass das nicht in Ordnung ist."
Blick auf Tiflis, die bevölkerungsreichste und größte Stadt in Georgien
Erste Station der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Südkaukasus ist die georgische Hauptstadt Tiflis.© Thomas Franke
Merkel hatte sich nach einem Gespräch mit Weiler entschlossen, trotz des Affronts an der Reise nach Aserbaidschan festzuhalten. Das Land ist ein wichtiger Öl- und Gaslieferant. Bei der Begegnung mit Präsident Alijew will Merkel neben dem Fall Weiler auch Menschen- und Bürgerrechtsfragen ansprechen.
Einvernehmlicher dürften die Gespräche am ersten Ziel der dreitägigen Reise in den Südkaukasus sein: Am frühen Nachmittag trifft die Kanzlerin in der georgischen Hauptstadt Tiflis ein. Nachdem Georgien vor zwei Jahren ein Assoziierungsabkommen mit der EU schloss, blüht der wechselseitige Handel. Das Land wird im Herbst Partner der Frankfurter Buchmesse sein.

Heikler Besuch in Armenien

Merkel fliegt dann nach Armenien weiter. Die Kanzlerin würdigt damit auch den demokratischen Regierungswechsel, den das armenische Parlament nach Bürgerprotesten Anfang Mai vollzog. Heikel wird dieser Besuch, wenn Merkel in der Hauptstadt Jerewan einen Kranz am Mahnmal für die Opfer des Völkermords an den Armeniern niederlegt.
Noch sei nicht klar, ob die Kanzlerin dabei von einem Völkermord sprechen werde, hieß es vor der Abreise aus Regierungskreisen. Merkel würde damit eine Brüskierung der Türkei in Kauf nehmen. Als der Bundestag vor zwei Jahren nach langem Zögern eine Resolution zu dem Genozid verabschiedete, war Merkel der Abstimmung fern geblieben. Später sagte sie, die Bundesregierung respektiere die Resolution als politische, aber rechtlich nicht bindende Erklärung.
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