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Brexit
Start-up-Unternehmer zieht's nach Berlin

Die beiden Start-up-Unternehmer Toni Horn und Julian Baladurage hatten zwar schon vor dem Brexit-Entscheid geplant, einen neuen Standort ihres Unternehmens in Berlin in Berlin zu eröffnen - aber der bevorstehende EU-Ausstieg hat sie darin noch bestärkt.

Von Stephanie Pieper | 09.08.2016
    Der Potsdamer Platz in Berlin, April 2015
    Deutlich billigere Mieten als in London locken: Der Potsdamer Platz in Berlin. (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    Die Firma mbj London hat Kunden, Investoren und Mitarbeiter zur Party geladen, in einen Pub an der Themse. Von einer Abschiedsparty will Julian Baladurage, einer der beiden Firmen-Gründer, aber lieber nicht sprechen – denn das Internet-Start-up kehrt der britischen Hauptstadt ja nicht ganz den Rücken: "Toni is going to be leaving London in four days. He’s the first one to head over to Berlin.”
    Sein Kompagnon Toni Horn ist bereits am Sonntag in Berlin, seiner Heimatstadt, gelandet; Baladurage folgt in wenigen Tagen nach. Das neue Büro – am Potsdamer Platz – wird noch in diesem Monat eröffnet, erzählt Horn beim Treffen im bisherigen mbj-Hauptquartier im Stadtteil Notting Hill: "Es kommen acht Leute mit direkt, aber wir denken, dass wir das Team schon bis zu 12 oder 13 Leute aufstocken bis zum Anfang nächsten Jahres."
    Die Brexit-Nacht verfolgen er und Baladurage – geschockt - in Kalifornien; nicht zuletzt bangen sie um ihre geplante Crowdfunding-Kampagne. Am Ende sammeln sie aber mehr als 800.000 Euro ein, doppelt so viel wie geplant - gerade weil die beiden Deutschen mit dem avisierten Teil-Umzug auf den Brexit vorbereitet waren: "Ich glaube, die Leute waren auch sehr davon überzeugt, dass wir auch direkt schon den Plan hatten, nach Deutschland und Berlin zu gehen. Ich glaube, das haben die Investoren auch zu schätzen gewusst, dass wir im Voraus schon geplant hatten."
    mbj sucht noch nach dauerhaften Büroflächen in Mitte oder Prenzlauer Berg – die im Vergleich für Spottpreise zu haben sind, freut sich Baladurage: "Ich meine, Büroräume kosten ein Viertel von dem – je nachdem, wo man sie holt – wie in London. Und auch einfach, sagen wir mal, angenommen wir behalten die Gehälter gleich wie hier in London: Die Leute können sich damit viel mehr leisten."
    Er und sein Gründer-Partner setzen darauf, dass sie in Berlin auf ebenso viel kreative Dynamik und Energie, Kunden und Risiko-Kapital stoßen wie in London. Sie wollen gewappnet sein für den Fall, dass Großbritannien den Zugang zum Binnenmarkt verliert und es mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorbei ist – denn die mbj-Mitarbeiter kommen aus vielen Ecken der EU: "Und wenn es jetzt in ein paar Jahren dazu kommen sollte, dass diese Leute ein Visum brauchen – dann sind wir doch schon relativ flexibel, wenn wir Berlin noch in der Hinterhand haben."
    Aber auch wenn das Duo sich neue Chancen in Berlin erhofft – etwas wehmütig ist Baladurage schon, nach aufregenden und erfolgreichen Jahren in London wegzuziehen: "Wir handeln wirklich gerade rein im Interesse der Firma. Auf jeden Fall schmerzhaft, aber ich denke, das werden wir erst in ein paar Wochen realisieren."
    London bleibt vorerst Firmensitz, aber eben mit verkleinertem Team. Horn, der auch in Notting Hill wohnt, wird vor allem die Vielfalt der Kulturen vermissen: "Und das ist halt das, was ich an London so liebe. Und das ist halt das, was mich am Brexit so stört, dass halt das nicht wirklich appreciated wird, dass man so viele Kulturen hier hat."
    Jetzt aber bringen die beiden deutschen Start-up-Unternehmer erst mal ein Stück Londoner Gründer-Kultur mit nach Berlin.