Kuna-Indigena in Panama

Das versinkende Paradies

Eine Kuna-Familie in einem Boot vor einer Insel im Guna Yala Archipel, Panama.
Eine Kuna-Familie in einem Boot vor einer Insel im Guna Yala Archipel, Panama. © Imago / Martin Dohm
Von Anne-Kathrin Mellmann  · 26.05.2016
365 Koralleninseln umfasst das Guna Yala Archipel im Norden Panamas. Die Bewohner gehören zum indigenen Volk der Kuna. Wegen des gestiegenen Meerespiegels wollen sie schon seit Jahren aufs Festland umziehen. Doch die versprochene Hilfe der Zentralregierung bleibt aus.
Motorboote auf karibisch türkisblau schimmerndem Wasser tuckern von einer Koralleninsel zur anderen. 365 sind es, für jeden Tag eine, so der Running Gag der Touristenführer.
Das Archipel Guna Yala gehört dem indigenen Volk der Kuna: Sie leben von Fischfang, Landwirtschaft auf dem Festland und Tourismus. Der hat Geld in die Gemeinschaft gebracht, die zuvor nur Tauschhandel kannte. Kuna, die Geld haben, fahren mit Motor, die anderen paddeln in langen Holzbooten.
Eine Insel ist schöner als die andere, mit Palmen und weißem Korallensand. Die überbevölkerte Insel Gardi Sugdupu ist eine hässliche Ausnahme: Ein-Raum-Hütten, in denen Großfamilien leben, stehen dicht an dicht, einige sind schon auf die Stege übers Wasser hinaus gebaut. Für Palmen und Strand ist kein Platz mehr.

Notgedrungener Umzug aufs Festland

Die etwa 1000 Bewohner wollen auf das nahe Festland umziehen, weil es dort genug Platz gibt und weil sie Angst haben vor dem steigenden Meeresspiegel, erklärt der 65-Jährige Albertino Davies, der von seinem Dorf zum Umzugsverantwortlichen gewählt wurde.
Mehr als zwei Millimeter steigt die Karibik pro Jahr. Wenn es stürmt, fließe das Wasser schon jetzt bis in die Mitte der Insel. Trotzdem glaubten vor allem die Alten nicht an einen Klimawandel:
"Sie glauben es nicht, weil sie sagen: Gott hat doch die Erde erschaffen und wollte, dass wir auf den Inseln leben. Warum sollte er sie dann untergehen lassen?"
Sie gehen unter, auch wegen der Kuna selbst, schimpft Hector Guzman, Meeresbiologe am Smithsonian Institut in Panama-Stadt. Seit Jahrzehnten beobachtet er, wie manche der Inseln, die aus Korallen entstanden, schrumpfen – menschengemacht.
"Guna Yala beschleunigt die Auswirkungen des Klimawandels. Die Kuna schlagen Korallen ab, um damit Fundamente zu bauen und ihre Inseln zu erweitern. Dadurch zerstören sie ihre natürliche Schutz-Barriere, die die Küstenerosion verhindert und die Erosion ihrer Inseln. Wenn ein Sturm kam, bot das Riff kostenlosen Schutz. Jetzt sind sie dem Klimawandel ausgeliefert. Und jeder kleine Sturm wird zur großen Gefahr."
Ein Umzug auf das Festland wäre auch aus Sicht des Meeresbiologen sinnvoll, weil endlich Schluss wäre mit der Umweltkatastrophe. Der Kongress der selbstverwalteten Kuna hat den Korallenabbau verboten, aber nicht alle halten sich daran.

Der natürliche Küstenschutz wird abgebaut

Ein Teufelskreis ist entstanden: Die Kuna holen die Steine vor allem aus dem Meer vor unbewohnten Inseln, um die überbevölkerten zu vergrößern. Aber, wo kein Schutz mehr ist, frisst sich das Meer ins Land. Der steigende Meeresspiegel tut ein Übriges.
Der Umzugsbeauftragte Albertino Davies beklagt, dass ihnen die Regierung Panamas trotz aller Versprechungen nicht helfe. Schon seit sechs Jahren warteten die Bewohner seiner Insel darauf, dass es endlich losgehe:
"So sind die Regierungen: Wenn sie etwas tun, dann mit Verspätung. Hier sind die Leute deshalb verzweifelt. Wir haben schon viele Regierungen gesehen. Reine Versprechungen – keine Taten."
Das sind die Widersprüche Panamas: Keine Zeit und angeblicGuh kein Geld, um den Kuna beim Umzug zu helfen, aber Milliarden fließen in die Erweiterung des Panama-Kanals.
In der Hauptstadt glänzen Spiegelfassaden unzähliger Banken und Anwaltskanzleien, auf den Inseln wachsen die sozialen Probleme und die Umweltzerstörung. Dort hoffen die Menschen nun auf Hilfe aus dem Ausland.
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