KulturSchock – Satire für 2017

Raab sucht deutschen Literatur-Nobelpreisträger

Stefan Raab
Stefan Raab © dpa / picture alliance / Sascha Baumann/ZDF
Von Oliver Schwesig · 28.12.2016
Die Fernsehshow des kommenden Jahres heißt: "Stefan Raab sucht Deutschlands nächsten Super-Literatur-Nobelpreisträger". Das ist eine Sensation, die der KulturSchock exklusiv vermelden darf. Und es warten noch mehr Knaller vor Silvester.
Raab ist wieder da. Mit hörbarer Energie bereitet er sich vor auf die wohl wichtigste Fernseh-Show im neuen Jahr: "Stefan Raab sucht Deutschlands nächsten Super-Literatur-Nobelpreis-Träger" – kurz SRSDNSLNT. Nach dem Sieg von Bob Dylan fühlte sich Raab offenbar angestachelt, auch diesen Titel endlich wieder nach Deutschland zu holen.
Raab hat sich wie immer akribisch vorbereitet. Er habe alle musikalischen Literaturnobelpreisträger der vergangenen Jahrzehnte "eingängig studiert" und nun ein Muster erkannt: Demnach würden die schwedischen Juroren vor allem abfahren auf Betroffenheit, Verklemmung und leicht fassbare Poetik. Das seien genau die Kategorien, in denen die deutschen Liedermacher Weltspitze sind, feixt Raab und zückt die Lesebrille für seine Longlist.
"Wenn die Dunkelheit über mich hereinbricht. Und es nicht aufhört zu regnen."
Xavier Naidoo. Typ Schmerzensmann. Musikalisch: Christenlehre-Pop light. Trotzdem wohl vor allem eine Rückfall-Position für Raab – jemand, der auf jeden Fall Zeit hätte für die Preisverleihung.
Stefan Raab: "Meinen persönlichen Favoriten verrate ich nicht aus Fairness."
Raab will mit seiner Riesen-Show die Schwedische Akademie auf die vielschichtige deutsche Poeten-Szene aufmerksam machen. Da gibt es zum Beispiel den Typ Nachdenker. Philipp Poisel – ein infantil-verspielter Elektropopper, der existentielle Fragen in Alltagsbeobachtungen packt.
"Wann holst Du mich aus dieser Dunkelheit. Sag wo, wo bist du?"
Weiterhin auf der deutschen Longlist für den Literaturnobelpreis: Tim Bendzko, Typ Fließbandarbeiter-Philosoph, Stilistik: Leichter Klavierpop in Moll. Und aus'm Osten.
"Ich bin doch keine Maschine. Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut. Und ich will leben bis zum letzten Atemzug."

Plädoyer für bemannte Raumfahrt

Romantisch geht's natürlich auch. Nirgendwo wird so gut geliebt und geflennt wie im deutschen Pop. Ganz weit vorn: Max Giesinger. Typ schluchzender Großstadt-Lover. Musik: Geschmackssicherer Gitarren-Rock-Brei.
"So weit gekommen und so viel gesehen. So viel passiert, dass viele nicht verstehen. Ich weiß es nicht, doch ich frage es mich schon. Wie hast Du mich gefunden. Einer von 80 Millionen."
Natürlich über Facebook! – diese Auflösung liefert Giesinger dann in der dritten Strophe. Große Literatur braucht eben einen Spannungsbogen und sie muss die ganze Welt erklären können. Auch da haben wir Spitzenkräfte an Bord: Mark Forster zum Beispiel – der Pfälzer schaffte es zuletzt in einem Song mit einem Plädoyer für die bemannte Raumfahrt, Fußball-Fans zum Gröhlen zu bringen. Preisverdächtig!
"Wir brechen auf, lass die Leinen los. Die Welt ist klein und wir sind groß. Und für uns bleibt das so. Für immer jung und zeitlos. Wir fliegen weg und bleiben hoch. Die Welt ist klein und wir sind groß."
So, und wenn das noch nicht genug ist, die Juroren in Schweden zu überzeugen: Deutsche Liedtexter brillieren auch in der höchsten aller Güteklassen. Das Schwere leicht klingen zu lassen. Auftritt Ina Müller. Typ: trinkfester Kumpel mit Erfahrung. Texte aus dem Leben. Aber: Metaebenen gleich schichtweise wie bei einer Sahnetorte.
"So bin ich aufgewachsen, drei Hektar Niedersachsen, jaja."
Jaja. Das dürfte dann auch die Favoritin der Buchmacher für den Literaturnobelpreis 2017 werden. Wäre nicht die erste Frau, mit der Raab in Skandinavien den Titel holt.
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