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Raucherurteil
Friedhelm A. muss woanders rauchen

Der 75-Jährige Friedhelm Adolfs muss seine Wohnung räumen, weil sein Zigarettenrauch ins Treppenhaus gezogen ist und seine Nachbarn sich belästigt fühlten. Dabei hat das Landgericht Düsseldorf noch kein Grundsatzurteil gefällt, sondern es ging zunächst einmal um die Frage, wem das Gericht Glauben schenkt.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 26.06.2014
    Friedhelm Adolfs steht in Anzug und Baseballkappe vor dem Düsseldorfer Landgericht - und raucht eine Zigarette.
    Friedhelm Adolfs raucht demonstrativ vor dem Düsseldorfer Landgericht. (dpa / picture alliance / Rolf Vennenbernd)
    Bei all der Aufregung: Dieses Urteil kostet ihn wohl erst einmal eine Zigarette. Dabei ist Friedhelm Adolfs, passionierter Raucher aus Düsseldorf, eine Kämpfernatur:
    "So schnell schießen die Preußen nicht. Wir wollen erst mal gucken, wie wir jetzt weitermachen. Auf jeden Fall werde ich weitermachen."
    So verkündete Adolfs noch zu Beginn des Rechtsstreits ganz selbstbewusst im letzten Jahr. Heute Morgen aber war der 75-Jährige, stets freundlich blickende Brillenträger mit Fusselbart dann doch enttäuscht über die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf:
    "Ich hab nicht damit gerechnet – wollen mal gucken, wie es jetzt weitergeht, und da muss ich mich erst mit meinem Anwalt beraten."
    Berufung vor dem Landgericht zurückgewiesen
    Nach über 40 Jahren muss Friedhelm Adolfs sein Zwei-Zimmer-Apartment in Düsseldorf jetzt also doch räumen – bis Ende des Jahres, so haben die Richter am Landgericht heute entschieden. Vorausgegangen war ein über ein Jahr dauernder Rechtsstreit, erst am Amts-, dann am Landgericht. Doch die Berufung des Rentners wiesen die Richter heute zurück. Warum, erklärt Landgerichts-Sprecher Michael Scholz:
    "Im konkreten Fall bestand der schwerwiegende Pflichtenverstoß darin, dass der Mieter nicht verhindert hat, dass Rauch auch in den Hausflur und damit in die Wohnungen der anderen Mieter gezogen ist. Er hat nicht ausreichend gelüftet, er hat seine Aschenbecher nicht regelmäßig geleert, er hat letztlich keine Maßnahmen getroffen, die verhindern würden, dass andere Mieter von seinem Rauch belästigt würden."
    Anfang letzten Jahres hatte die Vermieterin dem Rentner gekündigt, nach ihrer Aussage folgten dann noch mehrere mündliche Abmahnungen, die ein Zeuge heute vor Gericht bestätigte. Der Anwalt von Friedhelm Adolfs, Martin Lauppe-Assmann, sieht nun Tür und Tor geöffnet für neue Auseinandersetzungen zwischen Rauchern und ihren Vermietern:
    "Das Urteil ist sicherlich eine Ermutigung für den einen oder anderen Vermieter, es mit einer verhaltensbedingten Räumungsklage zu versuchen."
    Entwarnung vom Mieterbund
    Der Deutsche Mieterbund gibt hingegen Entwarnung: Das Rauchen in einer Mietwohnung und auf dem Balkon bleibe grundsätzlich weiter erlaubt, Ausnahmen seien der Hausflur und das Treppenhaus. Friedhelm Adolfs wurde allerdings zum Verhängnis, dass seine frühere Anwältin eine sogenannte "unzumutbare Belästigung" durch den Qualm im Hausflur vor Gericht im vergangenen Jahr nicht bestritten hatte. Am Ende wird nun wohl der Bundesgerichtshof das letzte Wort haben, denn Anwalt Lauppe-Assmann erwägt, wie das in diesen Fällen üblich ist, eine Revision. Die hat das Landgericht ausdrücklich zugelassen:
    "Wahrscheinlich werde ich sie durchführen. Um es in der heutigen Fußball-Zeit zu sagen: Es ist so ähnlich wie ein Elfmeter-Schießen, an dem werde ich natürlich teilnehmen müssen - ob ich möchte oder nicht."
    Mit seinem Kampf für das Recht auf Rauchen in den eigenen vier Wänden ist Friedhelm Adolfs in der ganzen Republik bekannt geworden. Sein Anwalt bezeichnet ihn gar als "zweitbekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt", und im Internet hat sich eine Solidaritäts-Bewegung gebildet, mit dem Titel: "Lasst Friedhelm Adolfs sein Gewohnheitsrecht". In den sozialen Netzwerken wurde das Urteil aus Düsseldorf heute direkt kommentiert: Künftig werde wohl auch das Braten von Fleisch verboten werden, weil Mitbewohner, die nur Grünfutter essen, sich belästigt fühlen könnten, so schreibt eine solidarische Raucherin im Internet.