Kulturnachrichten
Mittwoch, 26. August 2020 Der britische International-Booker-Literatur-Preis geht an die Niederländerin Marieke Lucas Rijneveld für ihren Roman "The Discomfort of Evening". Sie ist mit 29 Jahren die jüngste Autorin, die diese Auszeichnung bisher bekommen hat. Sie teilt sich den Preis mit Michele Hutchison, die das Werk ins Englische übersetzte. In einer ersten Reaktion per Videobotschaft sagte Rijneveld, sie sei so stolz wie eine Kuh mit sieben Eutern. Der Literaturpreis ehrt die besten fremdsprachigen und ins Englische übersetzten Romane, die in Großbritannien veröffentlicht wurden. Er ist mit knapp 56.000 Euro dotiert. Das Preisgeld teilen sich immer Autor und Übersetzer.
Der deutsche Musikmanager Alexander Neef soll die Leitung der Pariser Oper bereits kommende Woche übernehmen. Das teilte das Kulturministerium mit. Neef soll wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Oper den Posten von Stéphane Lissner bereits zum 1. September übernehmen. Lissner, sollte die Leitung eigentlich erst 2021 abgeben. Im Juni kündigte er wegen der wirtschaftlichen Krise des Opernhauses an, schon früher die Übergabe machen zu wollen. Lissner bezifferte die Schulden der beiden Häuser Garnier und Bastille auf 40 Millionen Euro. Die Pariser Oper war von den mehrwöchigen Streiks gegen die Rentenreform und von der Corona-Krise schwer getroffen worden. Neef ist seit 2008 Intendant der Oper im kanadischen Toronto.
"Das Literarische Quartett" gibt es bald auch zum Hören. Die Fernsehsendung soll ab Montag auch als Podcast abrufbar sein, wie das ZDF und das Deutschlandradio am Mittwoch mitteilten. Sie würden künftig noch enger zusammenarbeiten.
Abzurufen ist die Tonspur der Literatursendung. Die Publizistin Thea Dorn moderiert das Format seit März als alleinige Gastgeberin. In der nächsten Ausgabe sind die Autorinnen Dörte Hansen ("Altes Land") und Vea Kaiser ("Blasmusikpop") sowie Schauspieler Christian Berkel zu Gast. Er hat den Familienroman "Der Apfelbaum" geschrieben.Der Podcast ist unter www.deutschlandfunkkultur.de und www.zdf.de abzurufen.
82 Jahre nach ihrer Aussortierung während der NS-Zeit kehren in der kommenden Woche zwei Gemälde Max Liebermanns in das Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale zurück. Als Dauerleihgaben sollen die Werke "Alte Frau an der Haustür" und "Venezianische Gasse nach links" am 3. September wieder in die Ausstellung des Hauses integriert werden, kündigte das Museum an. Laut Museum hatte der damalige Direktor Hermann Schiebel im Dritten Reich beantragt, die beiden Werke zu entfernen, da Liebermann Jude war. In der Folge seien sie in der Leipziger Galerie Franke in Zahlung gegeben worden. Liebermanns Kunst war demnach nicht aufgrund vermeintlich künstlerischer Aspekte als "entartet" eingeordnet worden, sondern allein aufgrund seines jüdischen Glaubens.
Die Originalschauspieler der preisgekrönten US-Politik-Serie "The West Wing" wollen nach 17 Jahren wieder zusammenkommen und eine einzige Folge drehen - um damit zur Stimmabgabe bei der US-Präsidentschaftswahl aufzurufen. Wie die Streaming-Plattform HBO Max mitteilte, soll mit der Spezialepisode die Kampagne "When We All Vote" (Wenn wir alle wählen) der ehemaligen First Lady Michelle Obama unterstützt werden. Martin Sheen wird dafür wieder in die Rolle eines demokratischen US-Präsidenten schlüpfen. Die Episode soll auf einer Theaterbühne in Los Angeles gedreht und vor der Wahl im November gezeigt werden.
Das ursprünglich für den 4. September geplante Großkonzert in Düsseldorf mit bis zu 13 000 Zuschauern soll in den Spätherbst verschoben werden. Das teilte der Veranstalter mit. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) begrüßte die Entscheidung. Den mehr als 7000 Besuchern, die bereits Tickets erworben hätten, werde das Eintrittsgeld zurückerstattet. Vor gut zwei Wochen hatten Land, Stadt sowie Veranstalter Marek Lieberberg in einer gemeinsamen Erklärung noch mitgeteilt, dass man das Konzert vom aktuellen Infektionsgeschehen abhängig mache - und spätestens am 31. August entscheide, ob es stattfindet. "Ein Abrücken hiervon war durch Bedenken der Landesregierung deutlich geworden", teilte Lieberbergs Firma Livenation jedoch am Mittwoch mit: "Die gegensätzlichen Positionen ließen sich nicht überbrücken." Einen konkreten Zeitpunkt im Spätherbst nannten die Veranstalter nicht.
Der Deutsche Kulturrat hat an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) appelliert, in die Förderung der Games-Branche einzusteigen. Er finde, Games gehörten wie Kino zur Konsumkultur dazu, sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann dem Berliner "Tagesspiegel". Games oder auch Computerspiele seien seit Jahrzehnten Mitglied der Kulturfamilie, ihnen dürfe jetzt keine Sonderrolle mehr zugeschrieben werden, sagte Zimmermann. Sie müssten als gleichwertiges kulturpolitisches Handlungsfeld verstanden werden, um sie so mit den anderen künstlerischen Sparten gleichzustellen.
Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) wird anders als zunächst geplant seine Nachforschungen zu Vermissten des Zweiten Weltkriegs bis 2025 fortsetzen. Allein 2019 habe es mehr als 10.000 Anfragen gegeben, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt in Berlin. Für dieses Jahr rechnet sie nach eigenen Worten mit rund 11.000 Anfragen. Die Suche sollte eigentlich Ende 2023 auslaufen, weil man vor wenigen Jahren von einem Rückgang der Suchanfragen ausging. Das Bundesinnenministerium habe sich deswegen entschieden, die Förderung um weitere zwei Jahre zu verlängern. Rund elf Millionen Euro bekommt der Suchdienst jährlich. 25 der aktuell knapp 100 Mitarbeiter sind den Angaben zufolge für Schicksalsklärungen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg zuständig. Der Suchdienst hilft darüber hinaus auch Migranten und Flüchtlingen, die aktuell auf der Suche nach vermissten Angehörigen sind.
Kulturschaffende fordern "mehr Augenmaß" bei Corona-Auflagen in geschlossenen Räumen wie Theatern und Konzertsälen. Sorgfältig erarbeitete Hygienekonzepte in den Häusern ließen häufig mehr Publikum zu, als es die starren Sitzplatzbeschränkungen vielerorts vorschrieben, teilten mehrere Verbände aus diesem Kulturbereich mit. Grundsätzlich sollte es möglich sein, jeden zweiten Platz eines Theaters oder Konzertsaals zu besetzen, sagte der geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Marc Grandmontagne. Der Sprecher der Deutschen Konzerthauskonferenz, Benedikt Stampa, kritisierte die in den einzelnen Bundesländern unterschiedlichen Auflagen für die Kulturstätten als "wirtschaftlich wie künstlerisch höchst problematisch."
Youtube hat im vergangenen Quartal so viele Videos gelöscht wie noch nie zuvor. Im Zeitraum von April bis Juni 2020 lag die Zahl der entfernten Videos bei 11,4 Millionen und überschritt erstmals die Schwelle von zehn Millionen. Das geht aus dem Transparenzbericht der Google-Tochter hervor. Im Vergleichszeitraum vor einem Jahr lag die Zahl der Videos, die wegen eines Verstoßes gegen die Youtube-Community-Richtlinien gelöscht wurden, noch weltweit bei knapp neun Millionen. Anlass waren Verstöße gegen den Kinderschutz (3,8 Millionen), Spam, bzw betrügerische Inhalte (3,2 Millionen), Nacktheit oder sexuelle Inhalte (1,7 Millionen). Hasserfüllte Inhalte oder Beleidigungen führten in nur in 80 033 Fällen zu einer Löschung.
Regisseur Roman Polanski ist damit gescheitert, seinen Rauswurf aus der Oscar-Akademie mit juristischen Mitteln rückgängig zu machen. Eine Richterin in Los Angeles urteilte, der Ausschluss aus der Academy of Motion Picture Arts and Sciences im Jahr 2018 wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs sei begründet gewesen. Die Oscar-Akademie hatte Polanski im Zuge der #MeToo-Debatte um sexuelle Gewalt gegen Frauen wegen "sexuellen Fehlverhaltens" ausgeschlossen. Der polnisch-französische Regisseur hatte sich 1977 in den USA des Missbrauchs einer Minderjährigen schuldig bekannt. Im folgenden Jahr floh er aus den USA, weil er ein neues Verfahren und eine höhere Strafe fürchtete.
Das Gleichstellungs-Bündnis Pro Quote Film hat die Berlinale dafür kritisiert, Schauspieler nicht mehr getrennt nach Geschlecht auszuzeichnen. Der Preis sei ein "Feigenblatt für Innovation", erklärte die Vorsitzende Barbara Rohm. Bisher sei die Berlinale von Gendergerechtigkeit weit entfernt. Im Wettbewerb des Festivals liefen viel mehr Filme von Männern als von Frauen, wie Pro Quote betonte. Bisher wurden im Berlinale-Wettbewerb die "beste Darstellerin" und der "beste Darsteller" geehrt. In Zukunft sollen die Silbernen Bären für die beste Leistung in einer Haupt- und einer Nebenrolle vergeben werden. Auch der Bundesverband Schauspiel kritisiert die Entscheidung. Die Streichung von Geschlechter-Kategorien werde dazu führen, dass Frauen als Schauspielerinnen ähnlich selten gewürdigt würde wie in den anderen Kategorien.