Kulturförderung in Baden-Württemberg

Weniger Geld für Kommunaltheater

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In einem menschenleeren Theatersaal stehen vereinzelt einige rote Stühle.
Die baden-württembergische Landesregierung sagt, aufgrund des bestehenden Richtlinien habe sie keine andere Wahl, als einigen Theatern die Förderung zu kürzen. (Symbolbild) © imago images / Martin Müller
Von Marie-Dominique Wetzel · 27.02.2021
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Weil im Coronajahr 2020 einige Kommunaltheater in Baden-Württemberg unerwartet Überschüsse gemacht haben, ändert die Landesregierung die Förderpraxis und zahlt weniger Geld aus. Die Betroffenen fühlen sich für gutes Wirtschaften bestraft.
In der Corona-Pandemie wird immer wieder über die richtige Förderpraxis gestritten. So auch jetzt bei der kurzerhand geänderten Zuschussregelung für die Kommunaltheater in Baden-Württemberg. Doch, so betont die zuständige Staatssekretärin Petra Olschowski, das Land Baden-Württemberg habe nicht etwa mutwillig seine Förderpraxis umgestellt, sondern sie musste geändert werden.
Denn unerwarteterweise haben einige Kommunaltheater im vergangenen Jahr Überschüsse erzielt. Weil sie auf der einen Seite durch die langen Schließzeiten weniger Ausgaben hatten und auf der anderen Seite Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit bekommen haben. Jetzt dürfe das Land nicht auch noch in diese Überschüsse hinein fördern, erklärt Staatssekretärin Petra Olschowski:
"Denn wenn Bund und Land gemeinsam fördern und dadurch Überschüsse produziert werden, muss das Land seine Zuschüsse zwangsläufig anpassen. Das ist keine Entscheidung, sondern eine rechtliche Vorgabe."

"Wir hätten uns mehr Flexibilität gewünscht"

Das möchte Kay Metzger, Intendant am Theater Ulm und Sprecher der Kommunaltheater in Baden-Württemberg, so nicht stehen lassen. Wenn man gewollt hätte, hätte man hier durchaus andere Lösungen finden können, ist er überzeugt:
"Wir glauben, dass es gerade in der Coronakrise einen politischen Spielraum gibt, auch mal Verwaltungsvorschriften anders zu gestalten oder auszusetzen. Uns fehlt so diese politische Herangehensweise in so einer Phase. Denn wir wissen ja, dass in vielen anderen Bereichen auch viel geändert wurde und flexibel reagiert wurde – Gott sei Dank! Das hätten wir uns auch in diesem Bereich gewünscht."
Sein Theater in Ulm erhält durch die neue Förderpraxis 400.000 Euro weniger als ursprünglich angenommen. Neben Ulm haben auch Freiburg, Heilbronn und Heidelberg einen Nachteil durch die neue Zuschussregelung. Heidelberg bekommt gut 300.000 Euro weniger, fast ein Viertel der Mehreinnahmen aus dem letzten Jahr. Die Mehreinnahmen hätten die Theater natürlich gern behalten - als Rücklage für das laufende Jahr.
"Dieser Überschuss sollte jetzt nicht so in die Nice-to-have-Kasse fließen", sagt Metzger. "Sondern im Grunde genommen eine Rücklage bilden für dieses Kalenderjahr 2021, von dem wir ausgehen, dass die Coronakrise uns noch länger begleiten wird und sich die Defizite dadurch noch erhöhen werden."

Nur Spenden sind ausgenommen

Denn die Coronakrise ist ja keinesfalls überstanden, immer noch gibt es keine wirkliche Perspektive, wann die Theater wieder öffnen dürfen. Deswegen wäre es durchaus sinnvoll gewesen, den Theatern die Überschüsse erst einmal zu lassen, meint auch Ulrich von Kirchbach, der Vorsitzende des Landesverbands Baden-Württemberg des Deutschen Bühnenvereins. Schließlich wisse niemand, wann die Theater wirklich wieder eigene Einnahmen in relevanter Höhe generieren können:
"Klar ist natürlich, wenn ich nur ein Viertel der Zuschauer reinlassen kann, hat das natürlich auch wieder Folgen für die Einnahmen. Und insofern wäre es für uns richtig gewesen, da eben einen Zwei- oder Dreijahresrhythmus anzunehmen."
Besonders ärgert sich Ulrich von Kirchbach darüber, dass diese neue Regelung die Theater quasi bestraft, die gut gewirtschaftet und eben trotz Corona kein Defizit gemacht haben. Und auch die, die besonders viele Sponsorengelder eingeworben haben. Denn auch diese werden nun mitreingerechnet. Nur explizite Spenden wurden in letzter Minute doch noch ausgenommen und verbleiben den Theatern ungekürzt.

Rücklagen finanzieren ist nicht vermittelbar

Staatsekretärin Petra Olschowski versteht, dass die Kommunaltheater gern ihre Überschüsse behalten und damit Rücklagen gebildet hätten. Aber dieses Problem betreffe ja schließlich nur die wenigen, die überhaupt Überschüsse erzielt haben – die anderen Kommunaltheater und die meisten anderen Kultureinrichtungen kämen in diesem Jahr schließlich mit einem mehr oder weniger dicken Minus raus. Und da Kulturfördermittel eben nur einmal vergeben werden könnten und in der Coronakrise an anderer Stelle dringend gebraucht werden, wäre es schlichtweg nicht vermittelbar, warum man manchen Theatern jetzt durch Doppelförderung Rücklagen finanzieren solle, sagt Staatssekretärin Petra Olschowski:
"Und ich denke, dass das auch in die Gesellschaft hinein ein wichtiges Zeichen ist. Dass jetzt nicht sozusagen über Fördermöglichkeiten, die da sind, übergefördert wird. Sondern, dass sehr gut und verlässlich gefördert wird, aber auch mit Blick auf diejenigen, denen es im Moment nicht so gut geht."
Es bleibt also noch genug Diskussionsstoff. Immerhin hat das Land den Kommunaltheatern jetzt zugesichert, nach der Coronakrise zu der bisherigen Festbetragsfinanzierung zurück zu kehren. Alles Weitere soll bald von einer neu eingerichteten Arbeitsgruppe aufgearbeitet werden. Nur: In Baden-Württemberg sind Mitte März Landtagswahlen, das heißt, die Zusammensetzung des runden Tischs kann sich durchaus noch ändern.
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