Frauen im Architektenberuf

Überall vertreten, selten im Rampenlicht

Ursula Kleefisch-Jobst im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 12.08.2020
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Mit Ausnahme von bekannten Namen wie Zaha Hadid stehen Arbeiten von Architektinnen selten im Fokus. Die Ausstellung "Frau Architekt" will das ändern. Kuratorin Ursula Kleefisch-Jobst erläutert, warum Frauen in der Branche immer noch unbekannt sind.
Seit mehr als 100 Jahren werden Frauen zu Architektinnen ausgebildet und mittlerweile studieren in Deutschland mehr Frauen als Männer im Fach Architektur. Doch die Sieger internationaler Bauwettbewerbe sind trotzdem überwiegend Männer.
Nur wenige Frauen sind mit ihren Bauwerken bekannt, sagt auch die Generalkuratorin des Museums für Baukultur in Düsseldorf, Ursula Kleefisch-Jobst im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Mit der Ausstellung "Frau Architekt" will sie zur Bekanntheit von Architektinnen beitragen.
Diese Ausstellung wurde bereits 2016 am Frankfurter Architekturmuseum gezeigt und jetzt um aktuelle Beispiele ergänzt.

Wenige bekannte Architektinnen

Tatsächlich gebe es bis heute nur wenige der Allgemeinheit bekannte Architektinnen. In jüngerer Zweit etwa die 2016 verstorbene iranische Architektin Zaha Hadid. Oder auch Margarete Schütte-Lihotzky, die die erste Einbauküche der Welt entwickelte. Rund einhundert Jahre, nachdem Frauen erstmals an Hochschulen zu Architektinnen ausgebildet wurden, seien sie in der Mehrheit immer noch unsichtbar hinter ihren Werken.
Was Frauen in der Architektur leisten, habe bereits 2016 die "Frau Architekt"-Ausstellung in Frankfurt herausgearbeitet. Dort wurden erstmals 20 historische Architektinnen von der späten Kaiserzeit bis in die 1970er Jahre vorgestellt. Ein Anfang, aber eine Ausstellung mit großem Forschungsaufwand, denn diese Architektinnen seien "schlicht und ergreifend unbekannt" gewesen, so Kleefisch-Jobst.
Elisabeth von Knobelsdorff, Hans Schmidt und Therese Mogger (v.l.n.r.) im Zeichensaal der Technischen Hochschule in München, ca. 1907. Therese Mogger wurde in München und später an der Königlichen Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg, wo beide Frauen ihr Studium fortsetzten, nur der Status einer Gasthörerin zugestanden. Elisabeth von Knobelsdorff erwarb hingegen 1911 als erste Frau in Deutschland den Grad einer Diplom-Ingenieurin.
Elisabeth von Knobelsdorff (l.) erlangte als erste Frau in Deutschland 1911 ein Diplom als Architektin; Therese Mogger (r.) gründete ein eigene Büro.© Baukultur NRW
Dass nur Männer in der Architektur im Vordergrund stehen, sei vor dem 20. Jahrhundert noch extremer gewesen: "Da kennen wir überhaupt niemanden von den Damen." Um 1900 waren dann erstmals Frauen – allerdings nur als Gasthörerinnen – an deutschen Hochschulen zugelassen. "Elisabeth von Knobelsdorff war 1911 die erste Frau, die ein Diplom als Ingenieurin ablegen konnte."

Mutige Gründerinnen

Entscheidend sei damals für Frauen eine Herkunft mit großem finanziellen Background gewesen, um sich ein Studium leisten zu können: "Die Frauen um 1900 waren mutig. Die haben ein Büro eröffnet mit dem Geld, was sie ererbt hatten, und haben gezeigt, was sie konnten."
Dies zeige die Ausstellung exemplarisch an Therese Mogger, die 1911 nach Düsseldorf ging und von ihrem Erbe nicht nur ein Büro gründete, sondern auch mehrere große Mehrfamilienhäuser gebaut habe, um zu zeigen, dass sie nicht nur entwerfen und zeichnen, sondern auch bauen konnte.
"Wie eine Werbung für sich selbst", erläutert Kleefisch-Jobst. Wie heutzutage seien auch zu Anfang des 20. Jahrhunderts Architektinnen in allen Berufsfeldern tätig gewesen, "wenn man sie gelassen hat. Sie waren meistens auf die zwei 'K' reduziert, nämlich auf die Küche und auf Kinder beziehungsweise Kindergarten – und auf Inneneinrichtungen."
Um zu zeigen, dass Frauen heutzutage in allen Bereichen der Architektur arbeiten, habe man auch einzelne Architektinnen aus NRW vorgestellt, so Kleefisch-Jobst. Man habe sich bemüht, möglichst viele, sehr verschiedene Persönlichkeiten und Frauen vorzustellen, etwa die Baudezernentin oder die Gartenamtsleiterin von Düsseldorf.

Besondere Teamfähigkeit

Man erkenne, dass Frauen in bestimmten Bereichen der Architektur besondere Stärken hätten. Dazu zähle der Bereich des genossenschaftlichen Wohnens, wo Architekten eine besonders moderierende Funktion einnehmen müssten. Dort gehe es nicht in erster Linie um das gestalterische Ergebnis, sondern darum, im Vorfeld Fragen zu klären, wie Menschen ihren Lebensraum gestalten wollen.
"Das ist sicher auch ein ganz neues und topaktuelles Thema in der Architektur. Und da sind Frauen sehr prädestiniert." Die Moderations- und Teamfähigkeit sei eine besondere Stärke von Frauen.
(mle)

Frau Architekt
Ausstellung in der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (AKNW)
11.8.-2.10.2020

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