Kugelsport

Berlin ist im Boulefieber

Ein Spieler hält metallene Boule-Kugeln in der Hand, aufgenommen am Paul-Lincke-Ufer in Berlin, einem traditionellen Treffpunkt der hauptstädtischen Boulespieler.
In Berlin ist das Boule-Spiel besonders populär. © dpa / picture alliance / Miguel Villagran
Von Wolf-Sören Treusch · 12.07.2015
In Berlin-Kreuzberg boomt das Boule-Spiel. Für die meisten steht dabei der Spaß im Vordergrund. Doch manche Spieler betreiben Boule inzwischen als regelrechten Leistungssport.
Es ist ein traumhafter Spätsommertag: Im so genannten Boulodrome am Landwehrkanal sind alle zehn Plätze belegt. Wer zu spät kommt, muss erst einmal zuschauen, Berlin ist im Boulefieber.
Thorsten: "Ganz einfach. Ich wohne hier vorne in dem Haus, das ist mein Garten, ich habe keinen Balkon, und deshalb bin ich hier gern unten."
Clarissa: "Im Sommer, da kommt man von der Arbeit und ist hier. Und auch gerne mal bis Nachts um zwei."
Thorsten, genannt "der Präsi", und Clarissa spielen schon seit vielen Jahren Boule. In der Anfangszeit waren sie jeden Tag hier, ehrgeizig und lernwillig, heute seltener, nur noch, wenn Beruf und Familie es zulassen.
Clarissa: "Es ist einfach so ein soziales Gefüge, wo es völlig egal ist, ob man Professor an der Universität ist oder ob man Handwerker ist."
Der Spaß steht im Vordergrund. Dennoch spielt Clarissa mit dem 1. BC Kreuzberg in der Boule-Bundesliga. Beziehungsweise spielte: Der Club, 2007 Gründungsmitglied der Bundesliga, ist am vergangenen Wochenende mal wieder abgestiegen, Meister wurde der BC Tromm, ein Dorfklub vom Rande des Odenwalds.
"Man kann die Sportart auf zwei Wegen betreiben, so aus Spaß, mal ein Bier trinken, irgendwie ein paar Kugeln in den Dreck werfen, wie wir es sagen, und einfach runterkommen von der Arbeit, was auch immer, oder man kann halt Leistungssport betreiben, mit der Bundesliga und so was."
"Da muss man den Boden lesen können"
Zeki lässt keine Zweifel daran, wohin er tendiert. Seine Wurftechnik ist eine Augenweide. Die Hand mit der Kugel dreht er nach innen zu einer Kelle, ein kurzes Wippen in den Knien, dann lässt er Körper und Wurfarm ruckartig nach vorn schnellen.
"Beim Legen, da muss man den Boden lesen können, man muss halt gucken, wie der Boden ist, ob der leicht schief ist, ob da ein Hügel ist, ob da Steine liegen, und dann kann man beim Legen mit Effet spielen, mit Drall spielen, mit Rechtseffet, dass die Kugel von rechts nach links rollt.
Ich bin eher der Tireur, weil: ich schieße sehr gern, habe schon früh angefangen. Das macht am meisten Spaß, finde ich, halt Kugeln weg zu hauen, es knallen zu hören."
Der Erfolg gibt ihm Recht: Zeki ist in der Einzeldisziplin des Schießens mehrmaliger Berliner und Deutscher Meister, in der Boule-Nationalmannschaft war er auch schon.
Ob Bundesliga oder nicht – der geregelte Vereinssport verpflichtet. Thorsten, "der Präsi" des 1. BC Kreuzberg, ist im Boulodrome auch eine Art Platzwart. Regelmäßig bessern er und seine Mitstreiter den Kies aus und reparieren die Sitzbänke rund um die Felder.
"Hier gibt es ja mittlerweile vier andere Boule-Klubs auf dem Gelände, die wir aber im Grunde genommen alle vom Lebensgefühl dem BC Kreuzberg zuschlagen, das hat jetzt eher verbandstechnische Gründe, dass wir vier Mannschaften sind. Weil wir sonst nicht alle Erste Liga spielen können."
Und sie veranstalten viele Turniere, die meisten sind offen für jeden. Boule boomt in Berlin. Auch im Winter fliegen die Kugeln.
"Und dann stehen sie hier mit Feuer, um die Kugeln anzuwärmen, es ist eigentlich die Hölle, weil man nach 40 Minuten völlig durchgefroren ist durch das ewige Anfassen der kalten Kugeln, aber: Verrückte gibt es genug. Es ist eine Leidenschaft."
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