Künstlerin Maria Lassnig

Filmwerk mit sarkastischem Witz

05:50 Minuten
Zwei Besucherinnen vor einem Gemälde der Künstlerin Maria Lassnig im Lenbachhaus in München.
Die Filme seien ein "Gegengift für die Komplexität der Malerei", schrieb Malerin Maria Lassnig über ihre filmischen Experimente. © picture alliance/dpa/Lukas Barth
Von Simone Reber · 01.02.2021
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Jahrzehntelang schlummerten sie in einer Kiste - doch die posthum restaurierten Filme der österreichischen Künstlerin Maria Lassnig wirken auch heute scharfsichtig. Die meist experimentellen Werke sind als DVD erschienen, zusammen mit einem Begleitbuch.
Es war einmal ein großes Schloss, darin lebte eine Prinzessin ... In ihrem Film "The Princess and the Shepherd" erzählt Maria Lassnig das Märchen von der schönen, jungen Frau, der die edlen Verehrer zu Füssen liegen. Der eine kann Laute spielen, der andere reiten. Der Dritte ist witzig.
Keiner aber kann das Herz der Prinzessin erweichen. Der Film "Die Prinzessin und der Schäfer" schlummerte gemeinsam mit anderen Kurzfilmen von Maria Lassnig in einer Kiste auf dem Dachboden ihres Hauses. Die teils unvollendeten Werke sind zwischen 1968 und 1980 entstanden, als die Künstlerin in New York lebte.

Rekonstruktion aus Notizen

Jetzt haben Mara Mattuschka und Hans Werner Poschauko, die beide bei Maria Lassnig studierten, das Material restauriert. Für manche dieser "Films in Progress" existierte noch die genaue Schnittanweisung, andere mussten nach Notizen aus den Filmheften von Maria Lassnig rekonstruiert werden.
"Die Filme sind ein Gegengift für die Komplexität der Malerei", schreibt die Künstlerin. Während sie in ihren "Körperbewusstseinsbildern" ihre Seelenzustände malt, hinterfragt sie in den Filmen die weiblichen Rollenmuster. "Soulsisters" heißt eine Serie von vier Frauenporträts.
Alice, die Frau aus Island, schlug mit ihrer hellen Haut und ihrem freien Geist in der New Yorker Kunstszene ein wie ein Komet, heißt es da. Maria Lassnig montiert ein Feuerwerk ins Bild, das über dem nackten Körper der jungen Frau explodiert. Da ist aber auch Bärbl, die Österreicherin, die immer für ihren Freund da ist. Nichts scheint sicher, denn er ist ein Künstler.

Körperbilder passten nicht zum Trend

"Ich trage Rainer huckepack oder auf den Armen in die Kunstszene" lautet eine Idee, die Maria Lassnig in ihrem Filmheft notierte. Gemeint ist ihr erster Partner, der Maler Arnulf Rainer. Mit ihm war sie nach Paris gegangen, passte dort aber mit ihren Körperbildern nicht in den Trend zur Abstraktion.
Beeindruckt von der amerikanischen Frauenbewegung zog sie 1968 nach New York, kaufte sich eine Kamera, absolvierte einen Zeichentrickkurs und begann mit filmischen Experimenten. Spiegelungen, Doppel- oder Dreifachbelichtungen und Trickfilmen. Zusammen mit anderen Experimentalfilmerinnen gründete sie die Women/Artists/Filmmakers, Inc. - ein feministisches Netzwerk, das gemeinsame Vorstellungen organisierte.

Surrealismus und Scharfsinnigkeit

Einer der ersten Zeichentrickfilme - "Encouter" - reflektiert den künstlerischen Prozess. Da robbt eine rosa Amöbe mit dem Gesicht einer Frau auf eine stachelige Palette zu. Die Inspiration muss erst die Hürden der Realisierung überwinden. Mit ihrem surrealistisch anmutenden "Dogfilm" erspürt Maria Lassnig das Verhältnis zwischen Hund und Mensch. Die Fähigkeit zu Unterwerfung oder Aggression, die Ähnlichkeit beim Zähnefletschen.
Selbst in dem gealterten Zustand wirken diese Filme scharfsichtig und von sarkastischem Witz. Leider stehen die Texte im Begleitband etwas zusammenhanglos nebeneinander. Die New Yorker Zeit von Maria Lassnig endete 1980, als ihr mit 60 Jahren eine Professur in Wien angeboten wurde. Ihre Bedingung für die Zusage: das gleiche Honorar wie Joseph Beuys. Die Künstlerin flog zurück, die Kiste mit ihren Filmen traf Monate später als Schiffsfracht ein.
Und die Prinzessin? Kein Adeliger konnte ihr Herz erweichen. Aber als sie das Flötenspiel eines Hirten hörte, schmolz sie dahin.

Maria Lassnig. Das filmische Werk
Hg. Eszter Kondor, Michael Loebenstein, Peter Pakesch, Hans Werner Poschauko
FilmmuseumSynemaPublikationen
192 Seiten, Buch und DVD, 24 Euro

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