Kritik an Privatuni Witten/Herdecke

Von Susanne Nessler · 18.05.2006
Deutschlands einzige private Hochschule Witten/Herdecke wurde 1982 mit dem Ziel einer innovativen und praxisnahen Ausbildung für Mediziner gegründet. 2005 kritisierte der Wissenschaftsrat unter anderem mangelnde Forschungsleistungen. Auf seiner Frühjahrstagung will er am Wochenende über das Schicksal der Universität entscheiden.
Eine medizinische Ausbildung nah am Patienten. Das war die Idee der Gründer der Privatuniversität Witten/Herdecke. 1982 wurde die erste und bislang einzige deutsche private Hochschule gegründet. Das Ziel: neue Maßstäbe in der Ausbildung von Medizinern setzen.
Ein Jahr später – 1983 – nahmen die ersten Studenten in Witten/Herdecke ihr Studium auf. Eine Besonderheit der Privatuniversität: Die Ausbildung zum Mediziner findet - anders als an den meisten anderen deutschen Hochschulen - vom ersten Studienjahr an auch im Klinikalltag statt. Wer in Witten/Herdecke studiert, erfährt schnell, wie der Beruf des Arztes in der Praxis aussieht.

Außer Humanmedizin werden an der Privatuniversität noch drei weitere Studiengänge angeboten: Zahnheilkunde, Biochemie und Wirtschaftswissenschaften. Auch sie sind Reformstudiengänge mit hohem Praxisbezug.

Für alle Studierenden in Witten/Herdecke kommt ein Begleitstudium im Bereich Philosophie und Kulturwissenschaft hinzu. Die Teilnahme an diesem "Studium fundamentale" ist obligatorisch. Zum Medizin- oder Wirtschafts-Fachwissen gehören auch gesellschaftliche, kulturelle und philosophische Aspekte. In Witten/Herdecke gehört das zum ganzheitlichen Ausbildungsprinzip.

Deshalb stehen im Medizinstudium zum Beispiel auch alternative Heilmethoden aus der fernöstlichen Praxis auf dem Lehrplan. Die Reformstudiengänge wollen problemorientiertes Lernen fördern. Soziale Kompetenz und ethische Reflexion werden dabei groß geschrieben.

Heftige Auseinandersetzungen darüber hat es im Wissenschafts- und Universitätsgremium von Anfang an gegeben. Mit ihrer speziellen Ausrichtung seien die Reformstudiengänge zu weit von den Regelstudiengängen entfernt, so die Kritik.

Trotzdem: Die Universität Witten/Herdecke wurde kurz nach ihrer Gründung staatlich anerkannt und gehört seit 2001 mit vollem Stimmrecht der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz an.
Doch vergangenes Jahr hat sich die Lage für die Privatuniversität zugespitzt. Der Wissenschaftsrat bemängelte in einem Gutachten, die Medizinerausbildung in Witten/Herdecke erfülle nicht den universitären Anspruch.

Die Universität forsche zu wenig, zudem habe sie kein Universitätsklinikum und arbeite mit zu vielen externen Professoren. Kurzum, die Ausbildung in der Medizin könne so nicht weiter fortgesetzt werden.


Das Gespräch zum Thema mit Dr. Konrad Schily, Ehrenvorsitzender des Direktoriums der Universität Witten/Herdecke, Universitätsbegründer sowie FDP-Bundestagsabgeordneter, können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Angebot hören.
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