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Gewalt gegen Schiedsrichter
Erneuter Angriff auf Schiedsrichter in Hessen

Während einer Kreisligapartie im südhessischen Münster bekam ein Spieler die Gelb-Rote Karte. Daraufhin schlug er den Schiedsrichter k.o. Die Bestürzung auf allen Seiten ist groß. Verband und Schiedsrichter befinden sich in Schockstarre. Allen ist klar, so kann es nicht weitergehen.

Von Petra Demant | 28.10.2019
Ein Schiedsrichter zeigt eine rote Karte.
Übergriffe auf Schiedsrichter nehmen zu. (imago images / opokupix)
Serpil Dogru, Fußballtrainer bei der Freien Sportvereinigung Münster ist ratlos. Was da gestern Nachmittag auf seinem Platz passiert ist, er kann es immer noch nicht fassen.
"Der Schiri hat dem die Gelb-Rote Karte gezeigt. Daraufhin ist der Spieler zu ihm gegangen und hat ihm dann einen mit der Faust gegeben. Wir waren direkt beim Schiedsrichter und haben erstmal geguckt was mit ihm ist und haben natürlich erstmal Erste Hilfe geleistet."
Schiedsrichter zwischendurch nicht ansprechbar
Der Faustschlag gegen den Kopf hat den 22-Jährigen so hart erwischt, dass er zwischendurch nicht ansprechbar war. Schließlich musste sogar ein Rettungshubschrauber kommen und ihn in ein Frankfurter Krankenhaus bringen. Inzwischen geht es ihm den Umständen entsprechend gut. Das Kinn schmerzt und er hat Probleme beim Sprechen, berichtet der Co-Trainer.
Wie kann eine Rote Karte eine derartige Wut hervorrufen? Ein Faustschlag weil jemand seine Arbeit macht?
Hans-Peter Samoschkoff, 1. Vorsitzender des Vereins ist ebenfalls fassungslos, was da ein Spieler seines Vereins getan hat.
"Also wenn ich solche Bilder im Fernsehen oder Internet oder sonst wo seh', berührt mich das unwahrscheinlich emotional, weil ich selbst auch schon mit Notarztwagen mehrmals ins Krankenhaus gefahren worden bin. Deshalb kommt das bei mir immer hoch, weil ich weiß, wie die Leute darunter leiden, die verletzt werden. Sinnlos, würde ich sagen. Und das ist das Schlimmste dabei."
Schiedsrichter-Streik in Berlin - "Es darf nicht den ersten toten Schiedsrichter geben"
Die Fußballplätze der Hauptstadt bleiben an diesem Wochenende leer, denn die Berliner Amateurschiedsrichter streiken. Es müsse dringend etwas getan werden, sagte Schiedsrichtersprecher Ralf Kisting im Dlf.
In Berlin hatten just am vergangenen Wochenende Amateurschiedsrichter gestreikt, weil es einfach zu brutal zugeht auf den Fußballplätzen. Rund 1600 Spiele sind deshalb ausgefallen.
Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen
In Münster wird es heute Abend eine außerordentliche Sitzung geben, in der geklärt wird, was mit dem 28jährigen Spieler und mit der ganzen Mannschaft passieren soll. Wenn es nach Hans-Peter Samoschkoff geht, bekommt der Spieler Hausverbot und die Mannschaft wird abgemeldet.
"Das die ganze Welt mal sieht, dass es so nicht weiter geht, weil es ist ja nicht nur bei uns. In fast jedem Verein gibt es solche Fälle. Nicht so krasse, aber Schiedsrichter werden eigentlich generell angegangen. Das hat man in Berlin gesehen. Die haben ja sogar gestreikt."
Konsequenzen drohen aber nicht nur von Vereinsseite. Auch die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen, denn wo Menschen geschlagen werden, sind die Grenzen zu normalen sportlichen Härte einfach überschritten, sagt Kathi Rosenberger vom Polizeipräsidium Südhessen.
"Der Mann wird jetzt als Beschuldigter in einem Strafverfahren geführt, es wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung erstattet und jetzt sind die weiterführenden Ermittlungen von der dezentralen Ermittlungsgruppe in Dieburg übernommen, die alles weitere jetzt veranlassen werden."
"Das sind Menschen, die machen unseren Fußballsport kaputt"
Drastische Strafen fordert auch Thorsten Schenk. Er ist Kreisschiedsrichter-Obmann im Odenwald und kennt den niedergeschlagenen Schiedsrichter auch persönlich.
"Wenn ich das jetzt so formulieren darf als direkt Betroffener, hat so jemand auf dem Fußballplatz in Deutschland nix mehr zu suchen. Das sind Menschen, die unseren Fußballsport kaputt machen. Dafür engagieren sich viele tausend Menschen Woche für Woche in den Vereinen und diese Einzelnen machen das kaputt und da muss was passieren. Alles Weitere muss die Sportgerichtsbarkeit entscheiden. Das ist letztlich dann nicht meine Baustelle als Kreisschiedsrichter-Obmann."
Hans-Peter Samoschkoff, der 1. Vorsitzende der FSV Münster wünscht sich Unterstützung von Seiten des DFB. Psychologen beispielsweise könnten die Trainer unterstützen, damit den Spielern klar gemacht werden kann, wo schlicht und einfach das Ende der Fahnenstange ist