Konzert

Dunkle Zeiten

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Andrés Orozco- Estrada © Werner Kmetitsch
18.05.2017
Es geht um Ängste, Verluste und tödliche Bedrohungen: Dirigent Andrés Oroczo-Estrada und die Berliner Philharmoniker mischen dunkle Farben zu einem Programm von düsterer Suggestivität.
Bei Richard Strauss mag man das noch unter dem Oberbegriff "Theatereffekte" verbuchen: der damals reichlich 20-jährige, noch in den Startblöcken seiner Karriere, nutzte Shakespeares düsteres Drama um Machtgier und Gewissensnot für eine erste Fingerübung zum Umgang mit tragischen Stoffen.
Viel existenzieller sind die Probleme hinter den beiden anderen, russischen Werken des Abends: Sergej Rachmaninows Generalthema wurde, nach dem erzwungenen Exil des Künstlers, der Verlust seines kulturellen Heimatbodens. Das g-moll-Klavierkonzert, 1926 als eines der ersten Werke nach der Gewissheit des endgültigen Abschieds entstanden, zeigt in einer Art skeptischer Sprödheit den Abschied von der klangsatten Romantik älterer Stücke und die Ungewissheit des Komponisten über den weiteren Weg.
Ein reichliches Jahrzehnt später lieferte Dmitri Schostakowitsch, der in seiner russischen und nunmehr sowjetischen Heimat geblieben war, in der 5. Sinfonie eine ebenso verzweifelt herausfordernde wie genial maskierte Abrechnung mit dem Regime Stalins. Dass die dröhnende Gewalttätigkeit des Schlusssatzes mit seinem militanten, alles unterpflügenden Hauptthema von der kommunistischen Kulturbürokratie als Symbolmusik eines revolutionären Triumphes missverstanden oder zumindest umgedeutet werden konnte, war eines der ganz großen Missverständnisse zwischen Kunst und Politik – in diesem Falle zum Glück ihres Schöpfers, für den eine mögliche Lagerhaft oder sogar Exekution im Zuge der allgemeinen "Säuberungen" alles andere als nur theoretische Möglichkeiten waren.
Live aus der Philharmonie
Richard Strauss
"Macbeth". Tondichtung nach Shakespeares Drama für großes Orchester op. 20
Sergej Rachmaninow
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 g-Moll op. 40
Dmitri Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47

Leif Ove Andsnes, Klavier
Berliner Philharmoniker
Leitung: Andrés Orozco-Estrada

Surround Sound - Dolby Digital 5.1