Konzert des Berliner Rundfunk-Sinfonieorchesters

Lutosławski und Schostakowitsch

05.11.2017
Zwei Werke aus den Jahren des Kalten Krieges. Schostakowitsch wie Lutosławski stellen sich existenziellen Fragen nach dem Sinn eines individuellen Aufbegehrens unter bedrängenden gesellschaftlichen Umständen.
In der 10. Sinfonie Schostakowitschs, entstanden 1953 während der ersten Monate nach Stalins Tod, wird dieses Ringen durch die ständige Einbeziehung seiner in Noten verwandelten Namensinitialen (D-ES-C-H) unterstrichen: es wird ein langer, durch Abgründe von Gewalt und Depressionen führender Weg, ehe sich im letzten Satz schließlich vielleicht doch Perspektiven eines erfüllteren und unbelasteteren Daseins zeigen.
Auch das 1970 entstandene Konzert Lutosławskis hat eine "russische Komponente" – über seinen Widmungsträger und Uraufführungsinterpreten Mstislaw Rostropowitsch. Der geniale Cellist bekam zwar so viele Werke zugeeignet wie kaum ein anderer Solist seiner Jahrzehnte – doch in der Komposition des Polen hat man überdies den Eindruck, dass dieser noch besonders auf die (ja beiden Künstlern gemeinsame) Problematik des Lebenkönnens und –müssens im Spannungsfeld der verfeindeten politischen Blocksysteme einging. So wird auch dieses Werk, parallel zu dem Schostakowitschs, über weite Strecken von ernsten, manchmal sogar tragischen Tönen bestimmt. Die Rolle, die in der Sinfonie das Namensmonogramm einnimmt, wird nun hier vom Solisten ausgefüllt. Er beginnt das Stück ohne Begleitung mit Gebärden, die sich gleichsam in Raum und Zeit hineintasten, und beendet es mit Tönen einer aufs Äußerste angespannten Widerständigkeit, die man freilich auch als Schmerzensschreie deuten kann.


Konzerthaus Berlin
Aufzeichnung vom 03.11.2017


Witold Lutosławski
Konzert für Violoncello und Orchester
Dmitrij Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 10 e-Moll op. 93


Johannes Moser, Violoncello
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Krzysztof Urbański