"Konsens" am Düsseldorfer Schauspielhaus

Eine Inszenierung ohne Fallhöhe

Das Düsseldorfer Schauspielhaus, aufgenommen am 26.02.2014
Das Düsseldorfer Schauspielhaus. © picture alliance / dpa / Jan-Philipp Strobel
Stefan Keim im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 20.01.2018
Aus "Konsens" von Nina Raine - Thema: sexuelle Gewalt - hätte man viel machen können. Doch unser Kritiker zeigt sich etwas enttäuscht: Der Inszenierung am Düsseldorfer Schauspielhaus fehle Schnelligkeit und Leichtigkeit - die es gebraucht hätte, um die bösen Pointen zur Wirkung zu bringen.
Selten hat das Thema der sexuellen Gewalt solche Schlagzeilen gemacht wie heute. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht immer ein intimer Moment. Zwei Menschen, meist ohne Zeugen.
War die Zustimmung, der Konsens gegeben oder nicht? Was tun sich Menschen an, und wozu geben sie ihr Einverständnis? Und was tun wir mit den Menschen, die unsere Grenzen überschreiten? Wie kommen wir zu unserem Recht? Diesen Fragen widmet sich "Konsens", das neue Stück der britischen Autorin Nina Raine.

Ein Stück, das nur über Text und Intellekt wirkt

Zwei befreundete Anwälte finden sich auf unterschiedlichen Seiten eines Vergewaltigungsprozesses wieder. Matt als Kläger, Edward als Verteidiger. Je länger das zerstörte Leben des mutmaßlichen Opfers Gayle vor Gericht verhandelt wird, desto mehr geraten auch die Leben von Matt und Ed aus den Fugen.
Unser Kritiker Stefan Keim kann der Inszenierung von Lore Stefanek einiges abgewinnen, es bleibe jedoch leider hinter seinen Möglichkeiten zurück. Da das Stück hauptsächlich über Text und Intellekt funktioniere – kaum über Bildhaftigkeit und Körperlichkeit, beschäftige man sich zwar sehr intensiv mit dem Thema – sexuelle Gewalt

Das schwere Thema braucht auch Leichtigkeit

"Aber es gibt ein paar Probleme grundsätzlicher Art." Zum einen sei der Bühnenraum viel zu groß. Zwar versuche die Bühnenbildnerin starke Bilder zu schaffen – etwa durch große Videoprojektionen oder antike Tempel als Bühnenbild. "Da das Stück aber weitgehend aus Dialogen besteht, kommt da keine richtige Schnelligkeit zustande. Und es ist für mich auch ein klein wenig ein Problem des Rhythmus: Es ist sehr wenig gelacht worden, obwohl es wirklich böse, schöne Pointen gibt."
Wenn das Stück an vielen Stellen schneller und leichter gewesen wäre, dann wäre auch der Absturz in die Tiefen dieses Stücks "durchaus schmerzhafter gewesen. So blieb es ein bisschen zu sehr auf einem Level. Ich würde mir wünschen, das Stück ein bisschen radikaler und auch ein bisschen derber anzugehen. Ich glaube, das verträgt es." Kurz: Es fehlt an Fallhöhe, um die volle - böse - Wirkung zu entfalten.
Stefan Keims Fazi: "Konsens" ist ein Stück, über das man hervorragend diskutieren kann, inhaltlich stark, ästhetisch allerdings problematisch. Die Düsseldorfer gehen etwas zu brav damit um, was bei dem Thema verständlich ist, aber auch zu manchen Längen führt.
(mkn)

Die nächsten Vorstellungen: 23. Januar, 6., 16., 21. Februar, jeweils 19.30 Uhr:
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