Kongress zur Gender-Medizin

Frauen werden anders krank

Frau mit geschriebenen Wörtern im Gesicht als Symbolbild für Depressionen und Hilflosigkeit
Weibliche Depression ist nicht gleich männliche: Selbst in der Depression sind Männer aggressiver als Frauen © imago / Westend61
Petra Thürmann im Gespräch mit André Hatting und Marianne Allweiss · 11.05.2016
Ob Herzinfarkt oder Depression: Frauen zeigen oft andere Krankheitsbilder als Männer, und sie reagieren anders auf Medikamente. Woran das liegt, erforscht die Gender-Medizin. Allerdings hapert es noch mit der Umsetzung in die klinische Praxis, meint die Pharmakologin Petra Thürmann.
Früher wurden Medikamente hauptsächlich an Männern getestet. Erst in den letzten 20 Jahren hat sich allmählich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das nicht ausreicht. Denn der weibliche Körper reagiert oft ganz anders auf Medikamente als der männliche. Und Frauen werden auch anders krank als Männer.
Mit diesen Unterschieden beschäftigt sich die Gender-Medizin, zum Beispiel auf dem Bundeskongress für Gender-Gesundheit in Berlin. Eine der Referentinnen ist Petra Thürmann, Direktorin des Philipp-Klee-Instituts für Klinische Pharmakologie in Wuppertal.

Bei Frauen reicht oft die halbe Dosis

Zum Teil sei es das im Durchschnitt geringere Körpergewicht, das Frauen und Männer unterschiedlich auf Medikamente reagieren lasse, sagt sie. Zum Teil liege das aber auch an körpereigenen Hormone und Botenstoffe. "Viele Medikamente müssten dann eigentlich niedriger dosiert werden."
In den USA beispielsweise wird das Thürmann zufolge auch gemacht: "Ein häufig verwendetes Beruhigungsmittel, das Zolpidem hat in Amerika tatsächlich für Frauen die halbe Dosis wie für Männer bekommen, und in Europa sagt man: naja, einfach vorsichtig sein."

Selbst in der Depression sind Männer aggressiver

Auch unterscheidet sich das Krankheitsbild von Männern und Frauen selbst bei gleicher Diagnose. Bekannt sei inzwischen, dass Herzinfarkte bei Frauen und Männern unterschiedliche Symptomatik hätten. Aber auch bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen zeigten sich recht deutliche Geschlechterunterschiede: So seien Frauen mit Diagnose Depression häufig ängstlicher, während depressive Männer aggressiver seien.
Überhaupt ist die Gender-Medizin in den USA deutlich weiter fortgeschritten. Hierzulande dagegen werde derzeit zwar viel geforscht: "Aber in der Umsetzung sind wir doch noch deutlich zurück."
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