Königlich Philharmonisches Orchester Lüttich

Dreiertakt mit Ravel

Gemälde des Franzosen Edgar Degas, das drei junge Frauen in gelben Kostümem mit kurzen Röcken tanzend zeigt.
Edgar Degas' Figuren scheinen sich von rauschenden Rhythmen mitreißen zu lassen, wie sie zu Ravels Walzern gehören. © IMAGO / United Archives International
Moderation: Stefan Lang · 04.06.2021
Das Königlich Philharmonische Orchester Lüttich bietet hier einen rein französischen Abend, der mit kräftigen Walzerklängen von Maurice Ravel startet und dann Werke von Francis Poulenc und Albert Roussel bietet.
Der Abend des Königlich Philharmonischen Orchesters Lüttich startet mit aufreizenden Walzerklängen von Maurice Ravel, mit seinen "Valses nobles et sentimentales". Ursprünglich 1912 für Klavier komponiert, setzte Ravel das Werk schließlich für Orchester, bearbeitete es schließlich auch als Ballett für die große Bühne.

Reminiszenz an Schubert

Sein Titel spielt auf Schubert an, der in den 1820er Jahren "Valses nobles" und "Valses sentimentales" komponierte, die einen mit Blick auf gesellschaftliche Repräsentation gedacht, die anderen viel intimer und mit weichem, melodischem Charme versehen.
Ravel geht in seinen Walzern weiter, er mengt Untergangsstimmung hinein. Er betreibt die Auflösung des Dreivierteltaktes, weil sich die Koordinaten der alten Ordnung in seiner Zeit allmählich aufzulösen scheinen.
Man merkt den Walzern auch ein neues Selbstbewusstsein Ravels an: die Freisetzung von Dissonanz, eine größere Schärfe der motivischer Konturen, Verfremdungen und neue Harmonien spielen mit. Musik als lustvolle Kultiviertheit – für Ravel der einzige Daseinsgrund überhaupt.

Reminiszenz an Bach

Mittendrin ein Solokonzert für die Orgel von Francis Poulenc, das aus französischer Perspektive einen Blick auf den deutschen Orgelmeister Johann Sebastian Bach wirft. 1938 komponiert, bietet es eine Verquickung von Bach geschulter Kompositionsarchitektur - Poulenc hatte Bachs Musik verinnerlicht - und einer prächtigen Klanggröße nach französischem Geschmack.

Von der See zur Musik

Albert Roussel war ein Quereinsteiger, denn nach seiner Ausbildung war er zunächst als Seeoffizier unterwegs. Doch mit Ende Zwanzig entscheidet er sich um 1900 für die Musik und eine entsprechende Lehre in der Pariser Schola Cantorum. "Was ich anstrebe ist eine Musik, die sich selbst genügt, die sich von allen malenden und beschreibenden Elementen zu befreien sucht und die sich nie von ihrem begrenzten Raum entfernt.
Historische Fotografie von 1895 des Komponisten Albert Roussel, der einen großen Schnauzbart und eine nachkolorierte, rosafarbene Blume am Kragen trägt.
"Ich will nichts anderes als nur Musik machen!", sagt Albert Roussel nach seiner Ausbildung in der Marine.© IMAGO / Leemage
"Ich will nichts anderes als nur Musik machen!", so Roussel, der insgesamt vier Sinfonien vorlegte. Die dritte vollendete er 1930, ein Auftrag zum 50. Geburtstag vom Boston Symphony Orchestra. Entstanden ist ein Werk voller Unbändigkeit und Lebhaftigkeit, aber immer Zartheit zulassend.
Aufzeichnung vom 26. März 2021 in der Philharmonie Liège
Maurice Ravel
Valses nobles et sentimentales
Francis Poulenc
Konzert für Orgel, Schlagwerk und Streicher g-Moll
Albert Roussel
Sinfonie Nr. 3 g-Moll op. 42

Olivier Latry, Orgel
Königlich Philharmonisches Orchester Lüttich
Leitung: Samuel Jean

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