Kölner Stadtarchiv

Schwarzes Loch statt Neubau

Schwarze Luftballons sollen bei der Eröffnung der Nord-Süd-Bahn-Linie 17 in Köln an die durch den Einsturz des Kölner Stadtarchivs im März 2009 getöteten Menschen erinnern.
Schwarze Luftballons sollen bei der Eröffnung der Nord-Süd-Bahn-Linie 17 in Köln an die durch den Einsturz des Kölner Stadtarchivs im März 2009 getöteten Menschen erinnern. © dpa / picture alliance / Maximilian Schönherr
Von Michael Köhler · 30.03.2016
2009 stürzte das Kölner Stadtarchiv ein. Der beschlossene Neubau soll 2019 fertig werden. Laut Ratsbeschluss wird das neue Archiv kleiner werden − bald soll es Bewegung auf der Baustelle geben.
Die Kreuzung Luxemburger Str. / Eifelwall ist eine Kreuzung an einer befahrenen Ausfallstraße Kölns. Hier entsteht der Neubau für das Historische Stadtarchiv, das größte Kommunalarchiv Deutschlands.
Claudia Tiggemann-Klein: "Also wir sind, was den Neubau des Historischen Archivs betrifft, tatsächlich im Zeitplan, in dem jetzt vorliegenden Zeitplan, also das 2019 die Übergabe an uns als Nutzer des Hauses erfolgen wird."
Claudia Tiggemann ist Historikerin und Sprecherin des Historischen Stadtarchivs:
"Dann müssen wir natürlich das Haus einrichten. Dann muss Klima eingestellt werden und ähnliches, so dass nach dem heutigem Plan, den wir im Moment auch wirklich noch halten, 2020 dann auch das Haus so bezogen ist, dass auch Benutzung wieder stattfinden kann, dass die Öffentlichkeit wieder an die Archivalien kann und das Haus wieder benutzen kann."
Die Hälfte der geborgenen Archivalien liegen im Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum Köln-Porz. Die andere Hälfte war in Asylarchiven in ganz Deutschland verteilt. Seit letztem Herbst sind diese im ehemaligen Landesarchiv Düsseldorf. Eigentlich sollten die Archivalien dieses Jahr schon in den beschlossenen Neubau ziehen. Inzwischen gehen alle von einer Fertigstellung in 2019 aus. Ulrich Wackerhagen, engagierter Kulturbürger und kulturpolitischer Sprecher der FDP-Ratsfraktion, kann die Zuversicht nicht teilen. Er gibt zu bedenken:
"Einreichung Bauantrag war am 22. Februar 2015. Die Baugenehmigung ist im Juni 2015 erteilt worden. Jetzt heißt es, Start der Baumaßnahme März 2016. Im letzten Monat war das noch Februar 2016. Es kann also gut sein, dass wir im April erfahren, es ist im April oder Mai. Also es verschiebt sich ja laufend. Nein, ich glaube nicht daran! Also die Fertigstellung, die Übergabe an den Nutzer ist September 2019. Ich würde es mir wünschen. Ich glaube nicht daran."
Frank Deja von der Initiative "Köln kann auch anders" ist heute noch sauer. Es sei viel Vertrauen verloren gegangen. Unter der Katastrophe des Einsturzes würden Bürger und - zugegebenermaßen - auch die Entscheider leiden. Deja misstraut der Verwaltung:
"Aber eine andere Sache ist, was alles an Verantwortungslosigkeit, Schlamperei, schlichtem Unvermögen zu Tage getreten ist, im Nachfeld der Katastrophe, als wir erkennen mussten, dass das eine Katastrophe mit Ankündigung war, die hätte verhindert werden können, wenn es mehr Koordination zwischen den Ämtern gegeben hätte, wenn sich mal einer verantwortlich gefühlt hätte, wenn irgendeiner mal hingeguckt hätte, und gesagt hätte, wir können das nicht einfach so weiter laufen lassen.
Die Einsturzstelle ist schon heute ein Mahnmal. Schilder erinnern an die Stationen der Katastrophe. Die Beweissicherung ist noch nicht abgeschlossen. Die Feuerwehr gibt die Einsturzstelle noch nicht frei.
Die Planung wurde abgespeckt
Jetzt warten alle auf den Baubeginn an der Luxemburger Straße. Das ist immerhin ein Bau von 15.000 qm Nutzfläche, 80.000 m³ Rauminhalt und Baukosten von 75 Millionen Euro. Claudia Tiggemann vom Historischen Archiv Köln ist zuversichtlich:
"Wir sind halt ganz am Anfang. Und das, was im Moment geplant war an Arbeiten und Maßnahmen, das ist im Plan. Deswegen bin ich mir nach derzeitigem Stand noch sicher, was das angeht und natürlich kann an jeder Stelle immer noch eine Verzögerung kommen. Aber die ist im Moment nicht. Deswegen kann ich im Moment sehr sicher sagen, jetzt sind wir im Plan. Und wenn das so weiter geht, dann landen wir auch 2019."
Ratsmitglied Wackerhagen erhält jeden Monat einen Sachstandsbericht über den Planungsfortschritt. Er sieht schon jetzt Verzögerungen und ist nicht so zuversichtlich:
"Nein, ich teile den Optimismus nicht. Das Hauptproblem der Verschiebung war ja jetzt nicht, dass auf der Baustelle Mist gemacht worden ist, sondern es war ja einfach da, dass es den Politikern der SPD und den Grünen zu teuer erschien. Dann hat man ja - finde ich - diesen wunderbaren Entwurf hat man ja dann radikal verkleinert."
In das neue Bau-Ensemble wird das Rheinische Bildarchiv, nicht aber die Kunst - und Museumsbibliothek einziehen. So wurde die Planung auf Wunsch von SPD und Grünen abgespeckt.
Schon jetzt wird im Sachstandsbericht empfohlen, einen "Fachraum-planer für die vertiefte Bearbeitung der Ausführungsplanung" hinzu-zuziehen. Das ist aber noch nicht ausgeschrieben. Im Moment, da diese Zeilen geschrieben werden, befindet sich am Ort des künftigen Neubaus weder ein Bauschild noch ein Bagger. Das Gelände ist geräumt. Eine Bautoilette ist vorhanden. Von einer Baugrube keine Spur.
Ulrich Wackerhagen:
"Denn für mich ist eigentlich, das Archiv der Stadt Köln, mit den vielen Archivalien, die auch nach dem Krieg dazu gekommen sind aus ganz Nordrhein-Westfalen, auch der vielen Klöster, ist nach dem Dom, für mich eigentlich das zweitbedeutendste Gebäude der Stadt Köln."
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