Köchin Sophia Hoffmann

Gutes Essen mit gutem Gewissen

32:11 Minuten
Porträt der Köchin Sophia Hoffmann.
"Lebensmittel sind zu billig, deshalb können wir es uns leisten, sie in dem Maß zu verschwenden," sagt Sophia Hoffmann. © Joseph Wolfgang Ohlert
Moderation: Tim Wiese · 05.10.2021
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Die Köchin Sophia Hoffmann schreibt Kochbücher, bloggt, podcastet, hat einen You-Tube-Kanal. Ihre Botschaft: Bewusstes Essen, das vegan, nachhaltig und fair ist, das Klima schont und Müll vermeidet - und das außerdem schmeckt.
In ihrem 2019 erschienenen Buch "Zero Waste Küche", also Küche ohne Verschwendung, macht Sophia Hoffmann deutlich, dass es nicht darum geht, alles zu essen, was an einem Produkt dran ist – wer vom Apfel das Kerngehäuse unappetitlich findet, soll das getrost wegwerfen – sondern darum, eben wirklich nichts zu verschwenden, also nichts zu entsorgen, was noch genießbar wäre. "Wir werden es kaum schaffen, gar nichts wegzuschmeißen. Versuchen würde ich es auf jeden Fall, z.B. bei einem Gemüse so viele Komponenten wie möglich zu verwenden."
Wichtiger sei aber vor allem, nicht zu viel einzukaufen, damit man nicht Dinge wegwerfen muss, die man nicht geschafft hat zu essen, bevor das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Dieses sollte man im Übrigen auch nicht als zwangsläufiges Zeichen nehmen, um Lebensmittel zu entsorgen. "Wir leben in einer Überflussgesellschaft. Das klingt jetzt drastisch, aber Lebensmittel sind zu billig, deshalb können wir es uns leisten, sie in dem Maß zu verschwenden."

Nachhaltige Prägung

Die Haltung, nichts zu verschwenden, hat Hoffmann schon als Kind mitbekommen. Ihre Eltern gehörten beide noch der Nachkriegsgeneration an, wussten den Wert von Lebensmitteln zu schätzen, in den 80er-Jahren gehörten sie bereits der ersten Öko-Bewegung an.
"Meine Eltern waren auch sehr engagiert gegen Atomkraft; ich war auf Demos schon als Kind, aber wir haben auch schon im Bioladen eingekauft. Ich bin mit vielen Sachen sehr natürlich aufgewachsen, die jetzt wieder so aufkommen, in dieser ganzen Thematik."
Bis sie sich beruflich mit Kochen, Ernährung und Nachhaltigkeit auseinandersetzte, verging aber erstmal einige Zeit.

Soziologie und Haareschneiden

Nach dem Abitur studierte Hoffmann zunächst Deutsch, Geschichte und Soziologie. Das Studium brach sie nach kurzer Zeit ab und absolvierte eine Ausbildung zur Friseurin. "Ich war sehr lebenshungrig, ich wollte viel erleben."
Die Orientierung, wohin sie ihre kreative Energie lenken konnte, war aber irgendwie nicht vorhanden: "Mir haben so ein bisschen die Tools gefehlt." Auch in Gedanken an die Kreativität von Make-up-Artists und interessanter Frisuren kam sie auf diese Lehre: "Haarschnitte brauchen die Leute immer."
Dann interessierten sie aber andere Dinge immer mehr, wie Musik, Schreiben oder Platten auflegen. So arbeitete sie einige Zeit als Musikjournalistin und DJ. Zum Kochen als Beruf kam sie erst später. "Im Nachhinein kann man sagen, der rote Faden war schon immer da. Ich hatte auch schon während der Schulzeit Jobs in der Gastronomie. Mein erster Job war Pizzabäckerin mit 17, glaube ich. Und ich hab immer gekocht, weil ich das eben zu Hause sehr stark vermittelt bekommen habe."

Angekommen in der Küche

Schon als Kind spielte Hoffmann Restaurant und bastelte für ihre Mutter in der vierten Klasse ein eigenes Kochbuch. Die Idee, aus der Leidenschaft einen Beruf zu machen, kam ihr erst mit Anfang 30.
Jetzt ist sie sich sicher, damit ihren Bereich gefunden zu haben: "Es war für mich fast so was wie eine gefühlte Erleichterung, endlich für ein Thema so zu brennen, um da auch mal festzukleben. Ich finde gerade Kochen ist sowas, das hört nie auf. Man entwickelt sich immer weiter, man lernt immer was von Leuten. Das wird nicht langweilig und ich denke, das wird mich noch sehr lange begleiten."

Vegan aus Vernunft

Hoffmann kocht ohne tierische Produkte. "Fleischessen ist nicht mehr zeitgemäß", sagt sie. Ein Artikel zur Verbindung von Klimawandel, Umweltverschmutzung und Tierindustrie brachte sie langfristig auf den Weg, vegan zu leben. Sie sieht die Problematik klar darin, "dass nicht nur die Tiere leiden, sondern die Umwelt leidet und sehr viele Menschen in dieser Industrie ausgebeutet werden".
Sie ist weit davon entfernt zu verlangen, dass nun alle Menschen von heute auf morgen vegan werden sollten, aber: "Wir sollten alle zurück zum Sonntagsbraten und zu wesentlich weniger Fleisch. Da versuche ich einfach, Ideen zu vermitteln. Das ist halt meine persönliche Entscheidung, dass ich es gar nicht mehr esse, das ist reine Empathie für Tiere."
Dabei freut sie sich, dass das Thema inzwischen etwas mehr im Mainstream angekommen ist, zumal es ihr nie darum ging zu missionieren. "Die Fakten sprechen für mich."
(mah)
Die Sendung wurde erstmals am 19. Februar 2020 ausgestrahlt.
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