Kochbücher als Spiegel der Gesellschaft

Mit Schinken-Eiscreme im Widerstand gegen den US-Gesundheitstrend

In Brandenburg kochen viele ambitionierte Köche - hier im Landlust Körzin
Das Auge isst immer häufiger mit. Deshalb wird die Inszenierung des Essens immer wichtiger. © Landlust Koerzin/Angela Liebich
Katharina Vester  · 23.12.2016
Die Historikerin Katharina Vester widmet sich in ihrem Buch "A Taste of Power" den gesellschaftlichen Machtstrukturen, die sich beim Essen zeigen. Sie hat Kochbücher erforscht und beschreibt, wie sich gesellschaftliche Tendenzen auf Essensgewohnheiten auswirken.
Ausgangsthese für die deutsche Historikerin Katharina Vester ist, dass Essen soziale Identität herstellt. "Die Italiener essen anders als die Franzosen, die Preußen anders als die Bayern und Männer anders als Frauen", sagte Vester im Deutschlandradio Kultur. "Wir essen auch um Zusammengehörigkeit zu erleben." Außerdem würden Traditionen geschaffen, wenn es "Forelle blau" zu Silvester gebe oder Buletten an Weihnachten.
"Wenn Kochbücher zum Beispiel behaupten, dass Weihnachten nur bestimmte Dinge gegessen werden können oder dass Frauen nur bestimmte Sachen essen können oder Männer müssen viel Fleisch essen, in dem Moment, wo also eine gelebte Realität zur Vorschrift wird, oder zur Regel und dann verschriftlicht wird, das ist der Moment, so argumentiere ich, wo die Macht das Essen beeinflusst."

Gegenbewegung zum Gesundheitstrend in den USA

Nach dem Gesundheitstrend in den USA gebe es jetzt bei den Kochbüchern eine Gegenbewegung, die schon vor Trumps Wahlkampf begonnen habe. "Es gibt immer mehr Leute, die sich nicht vorschreiben lassen wollen, wie sie zu essen haben und versuchen, dagegen zu halten."
Deshalb gebe es jetzt viele Kochbücher, die alles mit Schinkenspeck machen, selbst "Schinken-Eiscreme". Die Idee sei, dass dies in kleinen Mengen angeblich nicht so ungesund sei. Gerade bei Männern gebe es den Trend mit besonders viel Fett und Kalorien zu kochen. Vester verwies auf die populäre kanadische Kochshow "Epic Meal Time", in der in jeder Episode versucht werde, ein Gericht herzustellen, dass besonders viel Fett, besonders viel Kalorien und besonders viel Salz verwende. In Deutschland seien vor allem Celebrity-Kochbücher verbreitet, bei denen auffalle, dass vor allem männliche Spitzenköche als Autoren auftauchten.

Katharina Vester: A Taste of Power. Food and American Identities, Oakland 2015: University of California Press, 28,09 Euro.

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