Koalitionsgipfel

Sechs Milliarden Euro für Flüchtlingshilfe

Flüchtlinge kommen am 06.09.2015 im Hauptbahnhof in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) an.
Flüchtlinge im Hauptbahnhof in Dortmund © picture alliance / dpa / Maja Hitij
Von Stefan Maas · 07.09.2015
In der Nacht einigten sich die Koalitonsspitzen auf ein Maßnahmenpaket für die Flüchtlingsbetreuung. Rund sechs Milliarden Euro werden dafür bereitgestellt, wovon drei Milliarden in die Länder und die Kommunen gehen.
Gegen ein Uhr nachts – die Minister Schäuble und de Maiziere hatten kurz zuvor das Kanzleramt verlassen – kam die Meldung: Koalition einig über mehr Flüchtlingshilfe. Dafür plant der Bund im Haushalt 2016 drei Milliarden Euro mehr ein, und stellt auch Ländern und Kommunen weitere drei Milliarden Euro zur Verfügung. Wie das Geld genau verwendet werden kann und soll, darüber soll bis zum Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel am 24. September Einvernehmen erzielt werden.
Außerdem haben die Spitzen der Großen Koalition beschlossen, dass der Bund Länder und Kommunen beim Ausbau von rund 150.000 winterfesten Plätzen in Erstaufnahmeeinrichtungen unterstützen wird. Dazu sollen Ländern und Kommunen alle verfügbaren Plätze in Bundesliegenschaften – etwa Kasernen – ab sofort und mietfrei zur Verfügung stehen. Der Bund übernimmt die Kosten für die Herrichtung. Falls es solche Einrichtungen nicht gibt, beteiligt sich der Bund an den Kosten für den Bau.
Wie bereits vor dem Treffen diskutiert, sollen beim Bau und Ausbau von Flüchtlingsunterkünften für einen befristeten Zeitraum Abweichungen von geltenden Regelungen oder Standards möglich werden, etwa, wenn es um Wärmedämmung geht.
Kein Koalitionskrach wegen der Ungarn-Flüchtlinge
Seit neunzehn Uhr hatten die Partei- und Fraktionschefs zusammengesessen. Der Ärger der CSU über die von der Kanzlerin erteilte Einreiseerlaubnis für Flüchtlinge aus Ungarn soll, so war zu hören, keine große Rolle gespielt haben. Dabei hatte CSU-Chef Seehofer noch am Nachmittag gesagt:
"Wir können auf Dauer bei 28 Mitgliedsstaaten in der EU beinahe nicht sämtliche Flüchtlinge aufnehmen. Das hält auf Dauer keine Gesellschaft aus."
Seehofer hatte der Bundeskanzlerin vorgeworfen, sich nicht an die europäischen Regeln für den Umgang mit Flüchtlingen zu halten. Zwar habe die Kanzlerin genau das von der ungarischen Regierung verlangt, aber noch in der Nacht zu Samstag diese Regeln aufgehoben. Da hatte die Kanzlerin gemeinsam mit Österreichs Bundeskanzler Faymann besprochen, dass die in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge nach Österreich und Deutschland einreisen dürften.
Im Ergebnisprotokoll des Koalitionstreffens heißt es dazu: Deutschland erwarte auch von den anderen EU-Staaten die Einhaltung der Dublin-Verordnung, nach der Flüchtlinge in dem Land einen Asylantrag stellen müssen, in dem sie europäischen Boden betreten haben. Weiter heißt es:
"Die am Wochenende getroffene Aufnahmeentscheidung von Deutschland und Österreich soll eine Ausnahme bleiben."
Deshalb solle bei einem Treffen der Europäischen Innen- und Justizminister am 14. September eine gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsländer genauso besprochen werden wie eine solidarische und faire Verteilung von Flüchtlingen auf die 28 Mitgliedsländer.
Sachleistungen statt Bargeld
Im Oktober sollen Bundestag und Bundesrat ein Gesamtpaket verabschieden, das Bund und Länder erarbeiten wollen. Das sieht vor, dass in Erstaufnahmeeinrichtungen Bargeldleistungen soweit wie möglich durch Sachleistungen ersetzt werden sollen, dass auch Kosovo, Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden und Flüchtlinge aus sicheren Ländern bis zum Ende des Asylverfahrens und der in der Regel folgenden Abschiebung in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben sollen.
Allerdings beschlossen die Koalitionsspitzen auch, für Menschen, die vom Westbalkan kommen und deren Asylanträge so gut wie nie anerkannt werden, eine Möglichkeit der legalen Migration zu schaffen, wenn sie in Deutschland arbeiten wollen.
Dazu hatte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) am Abend in der ARD erklärt:
"Wenn man das legalisiert, hoffe ich einfach, dass es uns gelingt, die Leute aus dem Asylverfahren herauszuhalten."
Wer einen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag mit tarifvertraglichen Bedingungen vorweisen kann, soll in Deutschland arbeiten dürfen.
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