Klone im Garten

27.03.2011
Das EU-Parlament liegt wieder mal mit der Kommission über Kreuz. Die Kommission plant nämlich ein Verbot von Fleisch und Milch geklonter Tiere. Dem Parlament geht das nicht weit genug. Denn der Handel mit Fleisch von geklonten Tieren hat ja gar keine wirtschaftliche Bedeutung. Klontiere sind zum Schlachten viel zu wertvoll.
Sie werden vor allem für Zuchtzwecke verwendet. Aber ihre Nachkommen, die landen sehr wohl auf dem Teller. Das ist ja der Sinn der Sache. Das wiederum finden die Parlamentarier nicht in Ordnung. Sie fordern ein generelles Verbot auch für die Nachkommen.

Ob sie auch ahnen, welche Konsequenzen das hat? Denn das betrifft ja nicht nur die unmittelbaren Nachfahren sondern vor allem deren Enkel und Urenkel. In Anbetracht der weltweiten Nutzung des Klonens und des Handels mit Zuchtvieh und Sperma wird das ziemlich lustig. Z. B. dann, wenn der Bäcker, der Milchpulver zum Kuchenbacken nehmen möchte, nachweisen muss, welche Stammbäume jene Rindviecher hatten, deren Milch vor der Trocknung in einem riesigen Tank vermischt wurde. Oder die Putenwurst, die in großen Chargen aus dem Fleisch zahlreicher Import-Truthühner hergestellt wurde. Um wirklich sicher zu gehen, braucht es da schon Angaben über viele Generationen von Bruteiern. Für einen Extra-Verwaltungsapparat hat die EU ja immer ein offenes Ohr.

Nun aber kommt die Meldung, nicht nur Tiere, auch Pflanzen sollen in Zukunft geklont werden. Experten sprechen bereits von einer Revolution in der Pflanzenzucht. Im ersten Moment klingt das ein wenig komisch, denn Klonen ist bei Pflanzen weit verbreitet. So beim Löwenzahn, der sich ohne Befruchtung fortpflanzt. Damit handelt es sich bei seinen Nachkommen ohne jeden Zweifel um Klone. Nichts anderes gilt für Stauden, die sich per Ausleger vermehren. Wer seine Erdbeeren im Garten per Steckling selber pflanzt, erntet nun mal "Klon-Früchte".

Neu ist, dass man jetzt auch Pflanzen per Klonen erzeugen will, die sich bisher nur durch Befruchtung vermehren ließen. Und das betrifft viele Nutzpflanzen, wie Tomaten oder Salat. Hier verwendet der Landwirt seit Jahrzehnten sogenannte Hybriden – egal ob konventionell oder bio. Ein Hybrid ist eine Kreuzung aus nahe verwandten Arten beziehungsweise eine Kreuzung aus sogenannten Inzuchtlinien. Sie sind vitaler als ihre Elternpflanzen. Dafür sind sie aber unfruchtbar oder sie verlieren in der nächsten Generation ihre Vitalität. Der Landwirt sollte sie also jedes Jahr neu kaufen. (Am Rande bemerkt: Hybriden gibt es auch in freier Wildbahn, denn auch dort kommt es manchmal zu Befruchtungen zwischen verwandten Arten. Auf diese Weise sind übrigens unsere Brombeeren entstanden.)

Hybridsaatgut ist, weil es immer wieder neu erzeugt werden muss, relativ teuer. Ein Tütchen mit tausend Hybridsamen von Treibhaustomaten kostet derzeit noch stolze 300 €. Aber die Vorteile sind so enorm, dass die Hybriden seit Jahrzehnten Standard in der Landwirtschaft und im Gartenbau sind. Wenn wir Brokkoli oder Tomaten kaufen, handelt es sich fast immer um Hybriden; auch bei Mais, Reis oder Zuckerrüben sind sie weit verbreitet. Teilweise konnte damit der Ertrag verdoppelt werden.

Nun ist es einem Team indischer, französischer und US-amerikanischer Wissenschaftler gelungen, das Erbgut von Hybridpflanzen so zu manipulieren, dass sie jetzt auch durch Klonen vermehrt werden können. Damit ließen sich die vorteilhaften Eigenschaften von Generation zu Generation weitervererben, ohne sie jedes Mal neu durch Kreuzung gewinnen zu müssen. Für die Landwirtschaft, für die Ernährung der Menschheit wäre das ein erfreulicher Fortschritt, weil bisher teures Saatgut deutlich billiger zu haben wäre. Aber bis dahin werden die EU-Parlamentarier schon noch eine Idee haben, wie man diesen Weg mit Formularen und Gebühren pflastern kann. Mahlzeit!


Literatur:
Frühschütz L: Hybrid-Saatgut passt nicht zu Bio – und ist trotzdem weit verbreitet. BioHandel 2008; H.9: 24-27
Marimuthu MPA et al: Syntetic clonal reproduction through seeds. Science 2011; 331: 876
Fischer S et al: Trends in genetic variance components during 30 years if hybrid maize breeding at the University of Hockenheim. Plant Breeding 2008; 127: 446-451
Li-yun C et al: Prctices and prospects if super hybrid rice breeding. Rice Science 2007; 14: 71-77