Klimawandel und Frauen

Mehr Geschlechtergerechtigkeit als Programm

08:20 Minuten
Zwei afrikanische Frauen inmitten einer überschwemmten Wohngegend.
Zu den Folgen des Klimawandels gehören auch immer mehr Überschwemmungen von Wohngebieten. © picture-alliance/AP/Rebecca Blackwell
Ulrike Röhr im Gespräch mit Ute Welty  · 12.12.2020
Audio herunterladen
Frauen werden durch den Klimawandel besonders betroffen, sagt die Aktivistin Ulrike Röhr, die sich für geschlechtergerechte Politik einsetzt. Im globalen Süden zeige sich, dass Ungleichheiten verstärkt werden.
Kurz vor dem heutigen virtuellen UN-Klimagipfel hatte sich die EU geeinigt: Die Staats-und Regierungschefs der Mitgliedstaaten beschlossen bei ihrem Gipfel in der Nacht zu Freitag, dass die EU ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senken soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird heute zum UN-Klimagipfel eine Videobotschaft schicken und darin das EU-Engagement unterstreichen.
Wie stark die Klimakrise vor allem Frauen betrifft, damit beschäftigt sich die Bauingenieurin und Soziologin Ulrike Röhr. Sie engagiert sich bei der Organisation "GenderCC – Women for Climate Justice" und setzt sich für eine geschlechtergerechte Klimapolitik ein.
"Frauen verdienen weniger, sind seltener in Entscheidungspositionen, haben dadurch auch geringeren Einfluss", so Röhr. Gleichzeitig seien sie durch ihre Sorgearbeit stärker belastet und dadurch auch von den Maßnahmen gegen den Klimawandel mehr betroffen.

Klimawandel als Verstärker

Wenn man sich das aktuelle Klimaschutzprogramm 2030 ansehe, dann sei das vor allem von Technik geprägt, die das Problem lösen solle. Das werde meist sehr stark von Männern präferiert. Dagegen würden Verhaltensänderungen eher von Frauen bevorzugt, die gesellschaftlich aber weniger Anerkennung fänden. "Deshalb ist es wichtig, dass wir beides gleichberechtigt einbeziehen", unterstreicht Röhr.
Im globalen Süden zeige sich, dass der Klimawandel immer als Verstärker von Ungleichheiten wirke. Obwohl Frauen beispielsweise in Indien und Bangladesch am wenigsten zum Klimawandel beitrügen, würden sie am meisten darunter leiden, so Röhr. "Sie müssen die Familien ernähren." Oft müssten sie länger laufen, um sauberes Wasser zu holen. Die Landwirtschaft funktioniere wegen der veränderten Klimabedingungen nicht mehr so, dass sie die Menschen versorgen könne. Außerdem werde Frauen überall in der Welt die Versorgungsarbeit aufgebürdet.

Mehr konkrete Umsetzung nötig

Röder kritisierte, dass die Klimaziele in den Ländern nicht ausreichend umgesetzt würden. Die internationale Frauenbewegung habe viel erreicht bei den Beschlüssen der Klimakonferenz. Es gebe auch eine Sensibilisierung für das Thema Frauen und Geschlechterwirkung von Klimawandel und Klimaschutzmaßnahmen, aber es müsse in den Ländern mehr passieren. Erfreulich sei, dass die Bundesregierung heute dabei sei, ihre Klima- und Umweltpolitik auch aus einer Geschlechterperspektive zu optimieren.
(gem)
Mehr zum Thema