Klimawandel

Peruanischer Kleinbauer verklagt RWE

Der peruanische Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya verklagt die RWE AG wegen Eigentumsbeeintraechtigung durch CO 2-Ausstoss.
Der peruanische Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya verklagt die RWE AG wegen Eigentumsbeeintraechtigung durch CO 2-Ausstoss. © imago / stock&people
Von Henning Hübert · 13.11.2017
Ist RWE mitverantwortlich, dass in den Anden die Gletscher schmelzen? Ja, sagt der peruanische Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya. Weil das Wasser der schmelzenden Gletscher sein Haus bedroht, zieht er vor Gericht – und ist dafür extra nach Hamm gereist.
Wenn sich Saúl Luciano Lliuya vorstellt, dann spricht er auch gleich von seinen Bergen, den Anden, dass er in ihnen aufgewachsen ist, dass er sie sein Leben lang beobachten konnte, dass sich die Gletscher der Weißen Kordilleren immer weiter in die höchsten Lagen zurückgezogen haben. Hier in Deutschland trägt er wie in Peru seine bequemen Bergschuhe, Fleece-Pullover und eine dicke leichtendrote Daunenjacke.

Während er heranwuchs, wurden die Gletscher immer kleiner

Vor drei Jahren suchte er für sein Anliegen den Kontakt zu global agierenden Umweltschützern – und fand die Entwicklungs- und Umweltschutz-Organisation Germanwatch. Die beschäftigt sich schon länger mit möglichen Klimaklagen. Und er fand in Noah Walker-Crawford seinen Übersetzer. Der forscht für seine Doktorarbeit in Peru zu den Auswirkungen des Klimawandels in den Anden. Noah Walker-Crawford übersetzt, was Saúl Luciano Lliuya erzählt:
"Wenn du dort aufwächst, dann siehst Du das alles. Und bei mir war das so, dass ich vielleicht fünf oder acht Jahre alt war, da konnte ich die Gletscher sehen, die waren sehr groß und sehr schön. Als ich dann älter war, etwa 18 Jahre alt, dann waren die schon viel kleiner geworden und man konnte mehr Berggestein sehen. Und da denkt man, das ist etwas sehr Schlimmes und da muss man was tun."

Der Peruaner klagt in Hamm

Bei seiner Klage gegen RWE beruft Saúl Luciano sich mit seiner Anwältin auf einem Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch, in dem es heißt: "Wird das Eigentum beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen." Daher sein Gerichtstermin in Hamm:
"Was ich gegen RWE habe? Dass sie sehr viel Kohle verbrannt haben und dadurch Gase ausgestoßen haben, die sich in der ganzen Atmosphäre verbreitet haben. Und damit zum Problem beigetragen haben. Wir haben alle eine Verantwortung. Aber wenn man das prozentual betrachtet, hat RWE eine viel größere Verantwortung."
Seinen Anspruch gegen das Unternehmen durchzusetzen, ist teuer. Die Stiftung Zukunftsfähigkeit trägt die Gerichts- und Anwaltskosten. Germanwatch übernimmt für ihn die Reisekosten aus Peru. Julia Grimm ist bei Germanwatch als Referentin für Klimafinanzierung und kennt den peruanischen Ankläger von RWE inzwischen genau:

"Saúl Luciano ist wirklich eine ganz besondere Person in seinem Kampf für Klimagerechtigkeit. Der steht da so was von dahinter und der gibt auch in schwierigen Momenten nicht auf. Ich glaub, das zeichnet ihn auch am meisten aus. Er möchte, falls nötig, bis zur letzten Instanz gehen und sein Huaraz vor dieser Flutkatastrophe schützen und sich für seinen Kampf um Klimagerechtigkeit einsetzen und die Verantwortlichen zur Verantwortung ziehen."

Der Prozess könnte zum Präzendenzfall werden

Saúl Luciano Lliuya scheint ein zäher Kämpfer zu sein für seine Überzeugungen.
"Wir hoffen zu gewinnen, damit die großen Firmen aufhören, die Umwelt zu verschmutzen. Aufhören, die großen Schäden zu verursachen. Damit wir unsere Berge retten können. Aber natürlich gibt es schon Schäden. Es gibt schon unumkehrbare Schäden, die schon geschehen sind. Und deswegen wollen wir diese 17.000 Euro bekommen. Das ist natürlich wenig Geld, das wird nicht viel verändern. Aber das ist ein kleiner Beitrag."
Von dem sich Umweltorganisationen aber eine große Signalwirkung erhoffen. Julia Grimm von Germanwatch:
"Da gibt es einen Zusammenhang dazwischen, wie hier in Deutschland unser Strom produziert wird und den Auswirkungen des Klimawandels zum Beispiel in den peruanischen Hochanden. Deswegen unterstützen wir auch Saúl Lucianos Fall, weil wir uns erhoffen, dass ein Präzedenzfall geschaffen wird, auf den sich andere Betroffene vom Klimawandel berufen können. Und der wiederum Druck ausübt national und international, damit politische Lösungen gefunden werden."

Notfalls zieht er vor den Bundesgerichtshof

Egal wie am Ende sein Gerichtsprozess gegen RWE ausgeht: Von seinem Besuch in Deutschland bleibt dem Peruaner eine positive Erinnerung: an die Demonstration der 25.000 Menschen, die in Bonn gemeinsam gegen den Klimawandel demonstriert haben.
"Ja also bei der Demo: Ich hätte nicht erwartet, dass es so viele Leute gibt, so viele junge Menschen, die sich engagieren wollen. Und das hat mir schon Kraft gegeben und das spüren Sie bestimmt auch, dass man was machen will für das Klima. Und für eine bessere Welt."
Notfalls will der Bergführer Saúl Luciano Lliuya seine Klage sogar vor dem Bundesgerichtshof vorbringen. Sollte ihn die zweite Instanz, das OLG Hamm, abweisen und keine Beweisaufnahme zulassen.
(mw)
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