Klimapolitologe Lukas Hermwille

Wird Trump das Pariser Klimaabkommen kippen?

Antarktischer Gletscher des schmelzenden Larsen B Eisschelfs (Antarktische Halbinsel) mit Rissen
Antarktischer Gletscher des schmelzenden Larsen B Eisschelfs © imago / blickwinkel
Lukas Hermwille im Gespräch mit Dieter Kassel · 02.02.2017
Für US-Präsident Donald Trump existiert der Klimawandel nicht. Wissenschaftler befürchten nun, die USA werden das Pariser Klimaabkommen aufkündigen. Lukas Hermwille vom Wuppertal Institut für Klima sieht diese Entwicklung mir Sorge, es formiere sich aber Protest.
Dieter Kassel: In der amerikanischen Politik spielen sogenannte alternative Fakten inzwischen ja eine gewisse Rolle. Trotz klarer wissenschaftlicher Beweise glaubt Donald Trump deshalb nicht an den Klimawandel und den Einfluss des Menschen auf die Erderwärmung. Der konservative Politikberater Myron Ebell, der in Trumps Auftrag die Übernahme der US-Umweltbehörde E.P.A. durch die neue Regierung vorbereitet hatte, der hat sogar in dieser Woche öffentlich mitgeteilt, er könne sich gut vorstellen, dass Trump per Dekret den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen anordnen könnte, aber Konkretes und Zeitpläne kenne er dazu noch nicht. Es sind also keine rein theoretischen Fragen, die wir zu diesem Thema jetzt Lukas Hermwille stellen. Er ist zuständig für internationale Klimapolitik beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Schönen guten Morgen, Herr Hermwille!
Lukas Hermwille: Guten Morgen!
Kassel: Könnten denn die USA so mir nichts dir nichts das Pariser Abkommen aufkündigen?
Hermwille: Das könnte Donald Trump tatsächlich tun. Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten das zu tun: Einmal, den Austritt nur aus dem Pariser Vertrag. Der ist allerdings so gestrickt, das nach internationalem Recht es eine vierjährige Wartezeit gibt, bis der Ausstieg dann rechtskräftig wird, und ironischerweise wäre der Tag, an dem das frühestmögliche Austreten dann möglich wäre, der Tag nach der nächsten US-Wahl. Ob das wirklich passiert, weiß ich nicht genau. Eine andere Variante wäre, dass Trump sogar aus der Klimarahmenkonvention komplett aussteigt. Die war 1992 schon unter George Bush verabschiedet worden, dem ersten George Bush, und vom Senat einstimmig beschlossen worden. Also da gab es zumindest zu dieser Zeit auch in den USA ganz breite Unterstützung für. Das könnte schon nach einem Jahr in Kraft treten, und das hätte wahrscheinlich noch viel dramatischere Folgen, denn einerseits wäre das natürlich ein Signal an alle anderen Partner, dass die USA wirklich kein verlässlicher Partner im internationalen Recht mehr sind, und außerdem hätte es auch kaum Aussicht auf Umkehr, weil eben die Klimarahmenkonvention erneut vom Senat mit einer mindestens Zweidrittelmehrheit ratifiziert werden müsste, und das sieht im Moment eher schlecht aus. Weniger schlimm wäre vielleicht sogar, wenn er drin bliebe, weil dann könnte die Regierung Trump auch innerhalb der Verhandlungen einen Fortschritt sabotieren. Das ist auch keine wesentlich bessere Aussicht, muss ich sagen.

"Möglichkeit, dass Trump das Paris Agreement ignoriert"

Kassel: Eine Aussicht, die ich allerdings, Herr Hermwille, noch für möglich halte, ist, dass Donald Trump sagt, mir ist das vollkommen Wurscht, wer wann irgendwo im Namen der USA einen Vertrag unterschrieben hat, ich halte mich einfach nicht dran. Wenn die Verträge im Prinzip weiter gelten, und er hält sich aber überhaupt nicht an diese Abkommen, kann es dann Sanktionen geben?
Hermwille: Nee. Also de facto sind die Mechanismen im Pariser Abkommen auch an dieser Stelle noch nicht vollständig ausgearbeitet. Das ist eben jetzt das Arbeitsprogramm der nächsten Jahre. Dazu kommt aber auch, dass die rechtliche Verbindlichkeit, mit der das Paris Agreement gestrickt worden ist, gerade mit Rücksicht auf die USA an der Stelle nur sehr schwach ist und die Staaten nicht dazu verpflichtet sind, ihre Klimaschutzziele auch wirklich zu erreichen. Sie sind nur dazu verpflichtet, sich selber welche zu setzen und Maßnahmen zu ergreifen in diese Richtung, aber die Verpflichtung selbst ist nicht verpflichtend. Insofern haben Sie völlig recht, wäre auch eine Möglichkeit, dass Trump im Wesentlichen das Paris Agreement ignoriert, aber das nimmt ihm natürlich die Möglichkeit, sich öffentlich hinzustellen und zu demonstrieren, dass er es ernst meint mit seinem Versprechen.
Kassel: Die USA sind der zweitgrößte CO2-Emittent der Welt, aber abgesehen von den konkreten Folgen für die Umwelt, die es hätte, wenn die sich um dieses Thema nicht mehr kümmern, was könnte das international bedeuten? Würden dann nicht manche Staaten, gerade auch in Entwicklungsländern sagen, na ja, wenn die Großen nichts machen, dann tun wir das erst recht nicht?

"Die ersten Tage danach waren alle so sehr betroffen"

Hermwille: Da hätte man mit rechnen können, und so ist auch die allgemeine Theorie lange Zeit gewesen, dass das im Prinzip wie so ein Gefangenendilemma ist, und wenn einer ausschert, scheren alle anderen auch wieder aus, aber jetzt in Marrakesch, die letzte Runde der Klimaverhandlungen war ja genau während der letzten US-Wahl. Da war im ersten Moment natürlich erst mal ein Schock auch in den Verhandlungsräumen, die ersten Tage danach waren alle so sehr betroffen, die da im Verhandlungszentrum unterwegs waren, aber dann hat sich doch gezeigt, dass die Struktur des Pariser Abkommens da ganz stark die nationalen Interessen in den Fokus rückt, dass die doch einigermaßen widerstandsfähig ist, und gerade Indien und China haben eher so eine Position eingenommen wie jetzt erst recht. Also der Ausstieg der USA scheint da zumindest jetzt in der ersten Reaktion nicht dazu zu führen, dass China und Indien von ihren im eigenen Interesse formulierten Zielen zurückweichen. Das scheint dann eher so zu sein, dass die USA jetzt nicht mehr notwendigerweise das eigene Interesse in erster Linie vertreten, sondern die Interessen der Öl- und Gaswirtschaft in den USA, und das macht einem dann doch ein bisschen Sorge. Gestern Nacht ist ja auch der neue Außenminister, Rex Tillerson, der vorher als CEO von Exxon unterwegs war, bestätigt worden.
Kassel: Wobei der jetzt immerhin in einem Statement schon gesagt hat, dass er aus den Pariser Verträgen erst mal nicht aussteigen möchte. Da könnte man ja spekulieren, wie viel Macht hat er überhaupt unter einem Trump. Das ist aber ein anderes Thema. Was ich mich noch frage, ist, was bedeuten diese Entwicklungen in Amerika jetzt für die wissenschaftliche Forschung? Die USA sind ja auch ein wichtiger Wissenschaftsstandort, und Trump und seine Regierung sagen ja auch, Forschung in Richtung Klimawandel interessiert uns nicht, dafür wollen wir auch kein Geld mehr ausgeben, um es mal vorsichtig zu formulieren. Manches war auch noch härter. Wie groß ist dieses Problem, wenn man in Amerika zu diesem Thema nicht mehr forschen kann?
Hermwille: Das ist für mich ganz schwer abzusehen im Moment. Also ich war auch schockiert von den Nachrichten, dass offensichtlich ein Maulkorb verpasst worden ist an die US-Umweltbehörde E.P.A., die ganz zentrale Daten zusammenträgt, und das Forschungsprogramm der NASA ist für die Klimafolgenforschung ein ungemein wichtiges Programm. Ich mag das nicht zu bewerten wissen. Also ich bin selber ein bisschen überrascht von der Vehemenz, mit der da vorgegangen wird, und ich bin auch ratlos und sehr besorgt, wie das weitergeht. Ich selber bin ja politikwissenschaftlicher Forscher, und in den Forschungsgemeinden, da gehen jetzt auch Protestbriefe, die abgestimmt worden, und es gibt Diskussionen darüber, ob Konferenzen noch in den USA stattfinden können, wenn nicht alle Leute teilnehmen können, weil es Einreiseverbote gibt.
Kassel: Na klar, das kommt auch noch dazu.
Hermwille: Da ist Vieles in Bewegung, aber wo das hinführt, kann ich überhaupt nicht sagen. Ich bin sehr besorgt.
Kassel: Beides gilt wohl für die meisten von uns. Lukas Hermwille war das vom Wuppertal Institut. Danke für das Gespräch, Herr Hermwille!
Hermwille: Ja, vielen Dank auch! Schönen Tag noch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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